Rücktritt Ende August

Die Weichen für einen Neuanfang in Bayreuth sind gestellt.
Das jahrelange Nachfolgedramolett um die Leitung der Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth hat ein Ende: Der Bayreuther Festspielchef Wolfgang Wagner (88) wird Ende August von seinem Posten zurücktreten.

In einem Schreiben an den Stiftungsrat der Festspiele schreibt Wagner: "Hiermit erkläre ich, dass ich die Leitung der Festspiele bis spätestens zum 31. August 2008 niederlegen werde."

Er halte es "für an der Zeit", die Verantwortung für die Festspiele abzugeben, und werde in seinem Beschluss bestärkt durch den Umstand, "dass sich für die Gestaltung der Zukunft der Bayreuther Festspiele eine einvernehmliche, von breitem Konsens getragene Lösung abzeichnet".

Festspiele weiter handlungsfähig
Das Schreiben wurde am Dienstag bei einer Sitzung des Stiftungsrats in Bayreuth verlesen. Mit Wagners Rücktritt wird der Weg frei für seine beiden Töchter Eva Wagner-Pasquier (63) und Katharina Wagner (29), die die Festspiele künftig in einer Doppelspitze führen sollen.

Die Festspiele blieben nun handlungsfähig, wie Thomas Goppel, der bayrische Kunstminister und damit einer der wichtigsten Geldgeber, am Dienstag sagte.

Ein Brief mit Folgen
Wagner selbst hatte kürzlich Bewegung in die seit Jahren festgefahrene Nachfolgediskussion gebracht. In einem Brief an den Stiftungsrat schlug er die Doppelspitze vor. Die Halbschwestern sind zur Zusammenarbeit bereit und haben beim Stiftungsrat schon ein Konzept mit ihren Ideen zur künftigen Festspielleitung eingereicht.

Im Jahr 2001 hatte das Gremium Eva Wagner-Pasquier bereits zur neuen Festspielchefin bestimmt. Ihr Vater weigerte sich damals aber, seinen Posten für sie zu räumen.

Wagner musste Rücktritt erklären
Nicht gerade erleichtert wurde die Angelegenheit durch die mehr als schwammig formulierte Stiftungssatzung. Demnach ist das Festspielhaus "grundsätzlich" an ein Mitglied oder mehrere Mitglieder der Familie Wagner zu vermieten. "Dies gilt nur dann nicht, wenn andere, besser geeignete Bewerber auftreten."

Und um das Nachfolgeverfahren einzuleiten, muss zunächst feststehen, "dass der Vertrag mit einem Festspielunternehmer beendet ist oder beendet wird". Das ist in der aktuellen Situation Wolfgang Wagner, und dessen Vertrag gilt auf Lebenszeit. Somit musste der 88-Jährige von sich aus seinen Rücktritt antreten, bevor der Stiftungsrat ernsthaft über die Nachfolge reden konnte.

Seit 1966 alleiniger Leiter
Wolfgang Wagner, ein Enkel des Komponisten Richard Wagner, führt die Richard-Wagner-Festspiele seit 1951. Zunächst leitete er sie gemeinsam mit seinem Bruder Wieland. Seit dessen Tod im Jahr 1966 herrscht Wagner allein auf dem Grünen Hügel.

Mit seinem Rücktritt stehen die weltberühmten Bayreuther Festspiele vor einer tiefen Zäsur. Unter Wagners Ägide entstanden rund 1.600 Aufführungen im Festspielhaus. Daneben schuf er zwölf eigene Inszenierungen. Während er für seine eigenen, oft konventionellen Arbeiten viel Kritik ertragen musste, bewies Wagner als Intendant Mut zu Neuerungen.

Die Inszenierungen von "Neu-Bayreuth"
Er öffnete die Festspiele für Regisseure von außen und holte schon 1972 Götz Friedrich, dessen "Tannhäuser" für einen Skandal sorgte. Später kamen Patrice Chereau ("Ring" 1976), Heiner Müller ("Tristan und Isolde" 1993) und Christoph Schlingensief ("Parsifal" 2004).

Wolfgang Wagners Verdienst war auch, die durch die Nähe zum Nazi-Regime diskreditierten Festspiele nach dem Zweiten Weltkrieg wiederaufzubauen. Die Inszenierungen von "Neu-Bayreuth" sorgten damals weltweit für Aufsehen.

Wagner'scher Intrigenstadel
Doch das Image des Erneuerers hat der greise Herrscher des Grünen Hügels schon längst nicht mehr; seit Jahren macht er Schlagzeilen mit familiären Zerwürfnissen. Nach Wieland Wagners Tod drängte Wolfgang dessen Familie aus Bayreuth, nach seiner eigenen Scheidung von Ehefrau Ellen auch die gemeinsamen Kinder.

Das Vorhaben, seine zweite Ehefrau Gudrun Wagner, die er 1976 geheiratet hatte, als Nachfolgerin zu etablieren, scheiterte 2001 am Widerstand der Geldgeber. Gudrun Wagner starb überraschend am 28. November 2007.

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