Fokus auf modernes Musiktheater
Nach dem Shakespeare-Fokus des Vorjahres hat sich das Team um Intendant Luc Bondy heuer verstärkt um Gegenwartsmusik gekümmert. Gleich vier zeitgenössische Opern stehen auf dem Programm, Werke von Wolfgang Rihm und George Benjamin ebenso wie die österreichische Erstaufführung von Hans Werner Henzes Konzertoper "Phaedra" und Karlheinz Stockhausens "Michaels Reise".
Diesen instrumentalen Auszug aus Stockhausens Opernzyklus "Licht" wird bei den Festwochen Carlus Padrissa neu inszenieren, ein Mitglied des legendären katalanischen Radikaltheaters La fura dels Baus.
Günstige Preise für junges Publikum
Junges Publikum anzusprechen ist für Musikdirektor Stephane Lissner eines der zentralen Anliegen der diesjährigen Festwochen. Dass das bei Programmen wie "Into the City", mit einem Hip-Hop-Fußballpicknick mit Texta (1. Juni) und einer Führung durch die Wiener Josefstadt unter Begleitung moderner Beats Budapester Künstler einfacher möglich ist als mit zeitgenössischer Oper, liegt auf der Hand.
Kartenpreise ab 14 Euro für das Musikprogramm und ein Gesamt-Opernpass für 42 Euro sollen hier Abhilfe schaffen. "Der Vorverkauf läuft gut", sagte Festwochen-Geschäftsführer Wolfgang Wais bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Karten sind allerdings noch für sämtliche Veranstaltungen zu haben.
Bondy-Doppelpack
Intendant Bondy hat als Regisseur zwei Produktionen im Programm: Im MuseumsQuartier zeigt er seine Pariser Inszenierung von Marivauxs "La Seconde Surprise de l'amour". Im Theater Akzent inszeniert er Jean Genets "Die Zofen" (Bondy: "Die grausame Geschichte eines Mannes, der sich während eines Abends in drei Persönlichkeitsteile aufspaltet") mit einer Starbesetzung, die Edith Clever, Caroline Peters und Sophie Rois umfasst.
Zu den großen Regienamen der heurigen Festwochen gehören auch Frank Castorf ("Jakob Lenz"), Christoph Marthaler ("Platz Mangel"), Luk Perceval ("Troilus und Cressida") und Johan Simons ("Hiob").
Rückkehr des Theatre du Soleil
Einer der Höhepunkte wird schon vor der offiziellen Eröffnung am 9. Mai stattfinden: Ab 3. Mai ist das legendäre Theatre du Soleil mit seiner charismatischen Leiterin Ariane Mnouchkine in Wien zu Gast. Mit den "Atriden", "La Ville Parjure" und "Tartuffe" sorgte die französische Theatertruppe in den 90ern mehrfach für Triumphe bei den Festwochen.
Inzwischen sind zwölf Jahre vergangen. Festwochen-Schauspielchefin Stephanie Carp habe "wie eine Löwin dafür gekämpft hat, dass wir kommen", so Mnouchkine. Das neue, monumentale Stück "Les Ephemeres" wird in zwei Teilen in der Rinderhalle St. Marx gezeigt, nachdem sich der vorgesehene Spielort Gasometer als zu klein erwies.
"Les Ephemeres" ist eine Aneinanderreihung von durch Improvisationen gefundenen Erinnerungsfetzen, Schlüsselszenen der persönlichen Entwicklung, privaten Schicksalsschlägen und Alltagsmomenten. Diese zunächst banal wirkenden Short Cuts entwickeln sich am Ende zu einem epischen Theaterereignis.
Fahrbare Minibühnen
Der Raum besteht aus zwei steilen, einander gegenüberliegenden Zuschauertribünen, die an alte Hör- oder Anatomiesäle erinnern. In den ellipsenförmigen Zwischenraum werden nacheinander lauter kleine, fahrbare Spielflächen hineingeschoben.
Sie dienen als bis ins letzte Detail ausgestattete Schauplätze der Szenen: einfache Küchen, noble Wohnzimmer, nüchterne Büros, Ausschnitte von Gärten oder Stränden. Auf ihnen spielen ständig wechselnde Schauspieler in rascher Folge Alltagsszenen; daraus entwickelt sich ein erzählerischer Strudel, dem man sich kaum entziehen kann.
Ursprünglich 800 Szenen
"Wir sind bei den Improvisationen von dem drohenden Verschwinden der Menschheit ausgegangen, von einem Komet, der auf die Erde prallen wird", sagt Mnouchkine über die Entstehung des Monumentalstückes.
"Zu einem bestimmten Zeitpunkt sahen wir uns mit 800 Szenen konfrontiert, die wurden dann in Etappen rasch auf rund 80 reduziert. Ab dann war es aber nicht nur sehr schwierig, nein, es war grausam. Noch zwei Wochen vor der Premiere hätte die Vorstellung zwölf Stunden gedauert. Aber schließlich habe ich Szenen ausgewählt und den Schauspielern vorgeschlagen."
Auch nach dieser Reduktion dauert "Les Ephemeres" noch über siebeneinhalb Stunden. Sie wird zweimal in der bereits am Nachmittag beginnenden Gesamtversion angeboten, mit zwei kurzen und einer langen Pause, in der man essen, trinken und sich ausruhen kann, sowie in zwei Einzelabenden.
TV-Hinweis
ORF2 überträgt am Freitag, dem 9. Mai, um 21.20 Uhr die Eröffnung der Wiener Festwochen live - mehr dazu in tv.ORF.at.
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