Jahrelanges Leid enthüllt

Die Kinder kennen oft die Namen ihrer Eltern nicht.
Nach der Durchsuchungsaktion auf einem Sektengelände in Texas kommen immer mehr Details über das Schicksal der Kinder dort an Licht.

Junge Mädchen wurden von der Fundamentalist Church of Jesus Christ of Latter Day Saints (FLDS) mit älteren Männern verheiratet und dann im Tempel zum Sex mit ihnen gezwungen, hieß es in Gerichtsdokumenten, die seit Mittwoch veröffentlicht wurden.

16-Jährige hatte vier Kinder
In dem Tempel auf der Ranch in Eldorado gebe es ein Bett, in dem erwachsene Männer sexuelle Handlungen mit minderjährigen Mädchen vorgenommen hätten, hieß es unter Berufung auf einen Informanten.

Die Ermittler fanden tatsächlich ein Bett in dem Gebäude und darin das Haar einer weiblichen Person. Mehrere junge Mädchen auf dem Gelände waren den Angaben zufolge schwanger. In den Dokumenten wurde ein 16-jähriges Mädchen erwähnt, das vier Kinder hat.

13-Jährige mussten "spirituell heiraten"
Hunderte Mädchen waren von Kindesbeinen an auf Sex mit erwachsenen Männern vorbereitet worden. Bereits 13-jährige Mädchen mussten "spirituell heiraten" und mit den deutlichen älteren Männern schlafen, "um Kinder zu haben", wie aus den veröffentlichten Gerichtsunterlagen hervorgeht.

Systematisch "indoktriniert"
Nach Angaben einer Ermittlerin wurden auf der Sekten-Ranch in Eldorado minderjährige Mädchen systematisch "indoktriniert", um die erzwungenen Hochzeiten mit männlichen Sektenmitgliedern zu akzeptieren. Auch Buben seien mit dem Beginn der Pubertät "spirituell" verheiratet worden.

Kinder kennen ihre Eltern nicht
Alle Kinder, insgesamt mehr als 400, wurden von den Behörden in Sicherheit gebracht. Die Beamten versuchen nun, ihre Identitäten und die ihrer Eltern zu ermitteln.

Das gestaltete sich aber schwierig, weil einige Kinder die Namen ihrer biologischen Eltern nicht nennen konnten oder wollten und andere gleich mehrere Mütter angaben. Zwölf der Kinder litten an Windpocken.

16-Jährige löste Ermittlungen aus
Ausgelöst wurden die Ermittlungen von einer 16-Jährigen, die bei einer Hilfsorganisation angerufen und gesagt hatte, sie sei auf dem Anwesen missbraucht worden.

Sie sagte, ihr 50-jähriger Ehemann habe sie geschlagen und vergewaltigt. Ihr Name und ihr Aufenthaltsort sind nicht bekannt. Gegen ihren mutmaßlichen Ehemann, einen verurteilten Sexualstraftäter, wurde Haftbefehl erlassen.

Auch jüngere Schwester bei Sekte?
Ihre Eltern wollten auch ihre jüngere Schwester der Sekte übergeben, so die Anruferin weiter. Bisher konnte die Polizei die Anruferin unter den befreiten Kindern und Jugendlichen nicht ausfindig machen.

Anwalt geht auf die Barrikaden
Einer der neun Anwälte der Sekte, Gerry Goldstein, verurteilte die Durchsuchung des Tempels.

Diese entspreche einer Durchsuchung des Vatikans oder anderer heiliger Stätten. Staatsanwältin Allison Palmer erklärte dagegen, es gehe um Beweise für kriminelle Handlungen und nicht um die Beleidigung einer Religion.

Fast 600 Personen in Sicherheit gebracht
Seit Donnerstag vergangener Woche haben die texanischen Behörden nach eigenen Angaben 416 Kinder und 139 Frauen von der 688 Hektar großen Ranch geholt und in Sicherheit gebracht. Sie kamen vorübergehend in einer alten Armeefestung unter.

Bei einer Anhörung am 17. April wollen die Behörden entscheiden, ob die Kinder dauerhaft von ihren Eltern getrennt werden.

Abspaltung der Mormonenkirche
Die "Fundamentalistische Kirche der Heiligen der Letzten Tage" ist eine Abspaltung der Mormonenkirche "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage", die der Polygamie schon vor einem Jahrhundert abschwor.

Die Sekte hatte die Ranch im Jahr 2003 gekauft. Seither wurde sie von den Behörden beobachtet. Ihr Anführer Warren Jeffs, der von seinen Anhängern als Prophet betrachtet wird, wurde 2006 in Las Vegas verhaftet und im vergangenen Jahr wegen Beihilfe zur Vergewaltigung zu lebenslanger Haft verurteilt.

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