Ab Donnerstag steht der 65-jährige Triebtäter im französischen Charleville-Mezieres vor Gericht. Neben ihm auf der Anklagebank sitzt seine dritte Ehefrau Monique Olivier. Die 59-jährige Ex-Sekretärin hat Fourniret bei Suche und Beseitigung der Opfer geholfen und beschuldigt ihn weiterer Morde, bei denen die Leichen teils bis heute nicht gefunden wurden.
Charleville-Mezieres im Ausnahmezustand
In Charleville-Mezieres dicht an der belgischen Grenze herrscht wegen des Prozesses für zwei Monate der Ausnahmezustand: 70 Bereitschaftspolizisten wurden in den Ardennenort mit 58.000 Einwohnern abkommandiert.
300 Journalisten beobachten das Verfahren gegen Fourniret, der sich einmal brüstete, er sei "schlimmer als Dutroux", der 2004 in Belgien verurteilte Kinderschänder und Mörder. Dutzende Angehörige der Opfer im Alter zwischen zwölf und 21 Jahren wollen bei dem Prozess auch verstehen, warum Polizei und Justiz so lange brauchten, um Fournirets Treiben ein Ende zu setzen.
Stolz "zutiefst verletzt"
Fourniret wurde 1967 im Alter von 25 Jahren erstmals wegen sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Später erzählte er, dass seine erste Frau Auslöser für seine Besessenheit war: Sie sei bei der Hochzeit keine Jungfrau mehr gewesen, was seinen Stolz "zutiefst verletzt" habe.
Fourniret führte fortan ein Doppelleben: Er arbeitete als Maurer, Tischler, Aufseher in einer Schulkantine, galt als ruhig und fleißig. Er wurde Vater von fünf Kindern. Die Wohnorte wechselten alle paar Jahre, was mit ein Grund dafür war, dass Fourniret als Serientäter so lange unerkannt blieb.
1984 wurde er erneut verhaftet, weil er ein 14-jähriges Mädchen vergewaltigte. 1987 wurde er zu sieben Jahren Haft verurteilt. Über eine Anzeige in einem katholischen Magazin lernte Fourniret aus dem Gefängnis heraus Monique Olivier kennen. Sie begannen eine Brieffreundschaft, die zu einem teuflischen "Pakt" führte. Fourniret versprach, nach seiner Freilassung Oliviers Mann umzubringen. Im Gegenzug sollte sie ihm dabei helfen, Jungfrauen in seine Gewalt zu bringen, um seine sexuellen Fantasien zu befriedigen.
Nur "hörig und untergeben"?
Fourniret wurde schon 1987 wieder freigelassen - wegen der langen Untersuchungshaft und guter Führung. Er erfüllte seinen Teil des "Paktes" nicht. Aber Olivier war es offenbar, die sein erstes Opfer nach der Haft entführte. Danach begleitete sie Fourniret mehrfach.
Der Anklage zufolge arbeitete das Paar fast immer nach dem gleichen Muster: Die beiden sprachen junge Frauen oder Mädchen an und fragten nach dem Weg. Anschließend boten sie ihnen an, sie ein Stück im Auto mitzunehmen. Dank der Frau im Wagen wurden die Opfer nicht misstrauisch und stiegen ein. 1988, als sie eine Zwölfjährige entführen, sitzt sogar der einjährige Sohn des Paares auf der Rückbank.
Doch Olivier fungierte nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft nicht nur als Lockvogel. In einem Fall soll sie tatkräftig bei der Ermordung eines Opfers mitgewirkt haben. Die Frage sei, ob Olivier eine aktive Komplizin oder aber ihrem Mann "hörig und untergeben" gewesen sei, sagt ein Anwalt.
"Wie ein Schachspieler"
Das Paar flog erst auf, als dem inzwischen nach Belgien gezogenen Fourniret 2003 ein Opfer entkam. Die 13-jährige Marie-Ascension erinnerte sich an das Kennzeichen, so dass die Polizei eingreifen konnte. In dem Prozess in Frankreich geht es nun um fünf Morde zwischen 1987 und 1990 und zwei weitere 2000 und 2001.
Olivier beschuldigt ihren Mann in elf Fällen des Mordes. Aber Fourniret gibt laut den Ermittlern nur zu, was sich nicht mehr leugnen lässt. "Er ist unterkühlt, distanziert, ein Schachspieler", sagt die Lütticher Staatsanwältin Anne Thily, die ihn in Belgien vernommen hatte. Fourniret selbst gab einmal an, er habe "jedes Jahr mindestens zwei Jungfrauen jagen müssen". In zwei weiteren Fällen wurde gegen ihn jetzt ein Ermittlungsverfahren eröffnet.