Außer Frage steht, dass der Pilot mit einem waghalsigen Durchstartmanöver in letzter Sekunde eine Katastrophe verhindern konnte. Da der Landeanflug aber auf einem Amateurfilm festgehalten wurde, werden deutschen Medien zufolge zunehmend auch kritische Fragen aufgeworfen.
"Alle Welt konnte sehen, wie die etwa 60 Tonnen schwere Maschine schaukelnd auf die Bahn zusteuert", so der "Spiegel", dem zufolge nun zu klären sei, ob die Piloten Helden sind, einfach ihren Job gemacht haben oder sogar Fehler begingen.
"Verbockter" Anflug
Demnach haben die Airbus-Piloten nach Lufthansa-Angaben zwar "superprofessionell" reagiert, eine der offenen Fragen sei allerdings, ob das Manöver nicht schon früher hätte durchgeführt werden sollen.
Der ehemalige Bundeswehrpilot Klaus Tillmann sagte jedenfalls laut "Spiegel", dass "der Anflug schon vor dem Aufsetzer verbockt" gewesen sei: Die Entscheidung, früher durchzustarten, "wäre in diesem Fall wohl angebracht gewesen".
Untersuchung eingeleitet
Die deutsche Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) leitete eine Untersuchung ein. Geklärt werden soll unter anderem, "warum das Flugzeug nicht auf der Landebahn 33 gelandet ist, sondern auf der 23, wo der Seitenwind viel stärker war", sagte Lothar Müller von der BFU.
Zur Untersuchung der Ursache für das knapp verhinderte Unglück gehört auch die Auswertung der Flugschreiber. Laut Müller gebe es allerdings keine Hinweise auf ein Fehlverhalten des Piloten.
"Er hat seinen Job gemacht"
Die Frage nach der richtigen Landebahn warf auch der Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit, Markus Kirschneck, in einem Gespräch mit der "Welt" (Online-Ausgabe) auf.
Für ihn ist der Pilot der Lufthansa-Maschine kein "Held". Er habe ein ganz normales Manöver erfolgreich durchgeführt. "Er hat seinen Job gemacht", wird Kirschneck zitiert.
Letzte Entscheidung trifft Pilot
Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) war vor Windgeschwindigkeiten von bis zu 55 Knoten (102 km/h) gewarnt worden. Der stellvertretende Leiter der Abteilung Flugmeteorologie, Erland Lorenzen, sagte, der Pilot sei über den Tower jederzeit über die Witterungsverhältnisse informiert gewesen.
Für die Zuteilung der Landebahn ist die Flugsicherung zuständig, die letzte Entscheidung trifft jedoch der Pilot.
Komplettes Instrumentenlandesystem
Laut Deutscher Flugsicherung (DFS) lag die Windstärke innerhalb der für den Airbus zugelassenen Grenze. "Das Problem waren die Böen", sagte DFS-Sprecher Axel Raab in Langen bei Frankfurt. Nach DFS-Informationen sei die Seitenwindkomponente bei konstant 25 Knoten gelegen, während der Airbus bis 30 Knoten und in Extremfällen sogar bis 40 Knoten zugelassen sei.
Der Kapitän habe sich für die Landebahn 23 entschieden, weil diese im Unterschied zur 33 über ein komplettes Instrumentenlandesystem verfüge. Dem Piloten zollte der DFS-Sprecher Respekt: "Der versteht was von seinem Handwerk."
"Keine Airline verzichtete auf Flüge"
Auf die Frage, warum das Flugzeug trotz Sturmwarnung überhaupt gestartet sei, antwortete Lufthansa-Sprecher Thomas Jachnow laut "stern", dass seines Wissens keine Airline am Wochenende darauf verzichtet habe zu fliegen.
Dass angesichts der Wettersituation die Landung in Hamburg eine schwierige Sache werden würde, "war klar", zudem sei auch die strittige Landebahn von der Flugsicherung zugelassen gewesen.
Dass der A320 ausgerechnet beim Landeanflug von einer Böe erwischt wurde, sei laut Jachnow "einfach Pech" gewesen.
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