Wunsch nach rascher Aufklärung

Hinweise auf "Aufwendungen der BAWAG im Interesse von ÖGB, SPÖ, Konsum" bis 1988.
Politischer Paukenschlag am 77. Verhandlungstag im BAWAG-Prozess: Im Keller des früheren BAWAG-Generaldirektors Walter Flöttl wurden von der SoKo BAWAG Unterlagen mit Hinweisen auf die finanzielle Unterstützung von SPÖ, ÖGB und Konsum durch die ehemalige Gewerkschaftsbank gefunden.

Die Unterlagen stammen aus den 70er und 80er Jahren bis zum Jahr 1988 und betreffen Aufwendungen der BAWAG in Höhe von über einer Milliarde Schilling (72,7 Mio. Euro). Die Staatsanwaltschaft Wien beschlagnahmte die Akten und nahm Ermittlungen gegen unbekannt wegen des Verdachts auf Untreue auf.

Bankenausschuss revitalisieren?
Der Aktenfund brachte prompt das Thema eines U-Ausschusses aufs Tapet. So sprach sich SPÖ-Klubobmann Josef Cap für eine Wiederbelebung des Bankenausschusses aus. Und ÖVP-Justizsprecher Heribert Donnerbauer, an sich kein großer Freund derartiger "Polittribunale", kann sich nach Abschluss der Arbeiten der Justiz einen eigenen BAWAG-Ausschuss vorstellen.

Man sei nie grundsätzlich gegen dieses parlamentarische Instrument gewesen, sagte Donnerbauer. Die ÖVP halte etwas von Kontrollinstrumenten und auch vom Kontrollinstrument U-Ausschuss. Zuerst solle man aber die Justiz arbeiten lassen.

Auch Cap kann sich für einen U-Ausschuss zum jüngsten Verdacht auf Finanzierung von ÖGB und SPÖ durch die BAWAG erwärmen: "Falls sich aus der Faktenlage die Notwendigkeit einer parlamentarischen Bearbeitung ergeben sollte, sind wir jederzeit bereit, den Banken-U-Ausschuss wiederzubeleben."

Opposition will Aufklärung
Auch die Opposition dachte laut über einen U-Ausschuss nach. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl forderte die Auferstehung des Bankenausschusses und wunderte sich gleichzeitig, dass die Dokumente erst jetzt auftauchen und nicht schon, als dieser noch im Laufen war.

BZÖ-Chef Peter Westenthaler forderte die Behandlung der Materie in einem U-Ausschuss - wenn auch in jenem, der schon bald in der Causa Innenministerium Licht ins Dunkel bringen soll.

"Die SPÖ muss schon aus eigenem Interesse ihre Spenden und sonstigen Einnahmen bis zum heutigen Tag offenlegen", forderte der grüne Wirtschaftssprecher Werner Kogler. In seiner Partei habe man bereits vorher entsprechende Vermutungen gehabt.

Unterstützung durch ÖGB
Auch ÖGB-Chef Rudolf Hundstorfer will eine lückenlose juristische Aufarbeitung sehen, wofür er bereits vollste Unterstützung zugesagt hat.

Druck auf Justizministerin Berger
Justizministerin Maria Berger (SPÖ) sicherte eine "unbeeinflusste Überprüfung" der gefundenen Unterlagen zu, die Erhebungen zur Causa würden "ihren Weg gehen". Denn: Die Überprüfung der in den Dokumenten enthaltenen Angaben werde genauso unbeeinflusst ablaufen "wie alle anderen".

Ex-Zentralsekretäre schließen Geldfluss aus
Die beiden früheren SPÖ-Zentralsekretäre Fritz Marsch und Peter Schieder schlossen unterdessen eine Parteienfinanzierung der SPÖ durch die BAWAG aus, wie das die im Keller Flöttls gefundenen Akten nahelegen.

"Von dem, was bis jetzt bekannt ist, kann ich für mich ausschließen, dass irgendwelche ungesetzlichen Handlungen vorliegen", sagte Schieder gegenüber dem "Kurier" (Samstag-Ausgabe). Und Marsch meinte im "Standard": "Eine Milliarde Schilling? Ich hätte das gewusst. Ich hätte es gewusst, wenn es 1.000 Schilling gewesen wären." Schieder war Zentralsekretär von 1984 bis 1988 und Marsch von 1970 bis 1987.

Ex-Bundeskanzler Franz Vranitzky, der im Mai 1988 SPÖ-Chef wurde, will sich nicht zu angeblichen BAWAG-Geldflüssen an die SPÖ äußern. "Das sind höchst vage Angaben und Vermutungen. Ich kann dazu nichts sagen", so Vranitzky im "Standard".

Fund unter mysteriösen Umständen
Mysteriös stellen sich die Umstände des Fundes dar: Die Kisten mit den brisanten Akten hätten "platziert" gewirkt, hieß es. Rätselhaft bleibt auch, dass der Aktenfund erst im zweiten Anlauf gelang.

Nun müsse man genau untersuchen, ob die Unterlagen nicht gefälscht seien, sagte die Richterin im BAWAG-Prozess, Claudia Bandion-Ortner.

Viele Spekulationen
Zahlreiche Spekulationen gab es über die Hintergründe des Aktenfundes. Die Mutmaßungen reichten von einer "Erpressung" der SPÖ durch Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner - der im Laufe des Prozesses immer wieder auf den Druck des ÖGB auf die Bank verwiesen hatte und aus seiner Enttäuschung über die SPÖ kein Hehl machte - bis zur Annahme, Wolfgang Flöttl habe die Akten selbst so augenfällig platziert, um den Verdacht von sich ab- und auf jemand anderen zu lenken.

Die ÖVP wunderte sich außerdem, wieso die Hausdurchsuchung bei Walter Flöttl nicht bereits früher stattgefunden hatte. So stellte der Abgeordnete Helmut Kukacka mögliche Ermittlungspannen im Zusammenhang mit der BAWAG in den Raum.

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