Es gebe "Hinweise auf Aufwendungen der BAWAG aus den 70er Jahren bis zum Jahr 1988 im Interesse von ÖGB, SPÖ, Konsum Österreich", so die Staatsanwaltschaft am Freitag. BAWAG-Richterin Claudia Bandion-Ortner bezifferte die Größenordnung mit "über einer Milliarde Schilling" (72,7 Mio. Euro).
Kein Bargeld
Es soll sich dabei nicht um Bargeldflüsse, sondern etwa um die Übernahme von nicht ertragreichen Beteiligungen bzw. die Schaltung von Inseraten handeln. Es werde in den Unterlagen weitere Unterstützung zugesichert, so die Richterin.
Ermittlungen gegen unbekannt wegen des Verdachts der Untreue gegenüber der Bank wurden aufgenommen.
Fund unter mysteriösen Umständen
Die Umstände des brisanten Aktenfunds sind allerdings mysteriös. Im Flöttl-Keller mit den BAWAG-Unterlagen seien drei Kartons in Augenhöhe platziert gewesen, schilderte ein Beamter der SoKo am Freitag im Gerichtssaal.
Die Kartons mit der Aufschrift "Rendite BAWAG Aktien" und "Leistungen der BAWAG für ÖGB" seien sofort ins Auge gestochen. Während die anderen Schachteln verstaubt waren, seien diese drei Schachteln gar nicht verstaubt und in Augenhöhe platziert gewesen. Die Schachteln mit der Aufschrift "Karibik" seien hingegen verstaubt gewesen.
Anonymer Hinweis auf zweiten Keller
Die erste Nachschau bei Walter Flöttl am Montag war ohne Ergebnis geblieben. Der Hinweis auf den zweiten Keller kam laut Richterin vom Verteidiger von Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner, Wolfgang Schubert.
Dem Anwalt gegenüber habe ein anonym bleibender Informant angegeben, es gebe weitere, dem Ex-BAWAG-Chef Walter Flöttl zugewiesene Kellerräumlichkeiten. Daraufhin sei die SoKo BAWAG noch einmal zur "freiwilligen Nachschau" bei Flöttl sen. aufgebrochen und konnte noch zwei Kellerabteile eruieren, schilderte die Richterin am Freitag.
Erste Durchsuchung ergebnislos
Im Beisein von Walter Flöttls Sohn Wolfgang seien die Keller geöffnet worden, beide seien mit Schachteln gefüllt gewesen. In einem der beiden Keller habe man private Dinge wie Fotoalben, im anderen sehr weit zurückliegende BAWAG-Protokolle gefunden. 18 Kisten seien "auf freiwilliger Basis" mitgenommen worden, 15 davon seien nun bei der SoKo BAWAG und drei beim BAWAG-Prozess im Gericht.
Schlüssel zum Keller hatten angeblich Flöttl sen., seine Tochter und sein Sohn. Am Montag hatten die Beamten der SoKo BAWAG bei einer "Nachschau" im Keller des Penthouse nichts gefunden.
Echt oder gefälscht?
Nun müsse man genau untersuchen, ob die bei Flöttl sen. gefundenen Unterlagen nicht gefälscht seien. "Ein Verdacht ist da, wir werden uns das genau ansehen müssen", so Bandion-Ortner.
"Bis dato gibt es keinen Beweis, dass es irgendwelche Geldflüsse gegeben hat", sagte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina in einer ersten Reaktion. "Ich kann nur sagen, dass da ein Prozess läuft."
"Wir sind daran interessiert, dass die Justiz auch diesen Teil der Vergangenheit aufklärt", so ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer zu den Aktenfunden. "Wir werden so wie bereits im laufenden Prozess die Justiz bei ihren Ermittlungen unterstützen", kündigte er an. "Eine lückenlose juristische Aufarbeitung ist im Sinne des ÖGB."
Cap: Banken-U-Ausschuss neu vorstellbar
SPÖ-Klubobmann Josef Cap kann sich eine Wiederbelebung des parlamentarischen Banken-Untersuchungsausschusses vorstellen. Zunächst müsse geklärt werden, was in den jetzt gefundenen Kisten tatsächlich drinnen ist, so Cap.
Der Banken-U-Ausschuss hatte - zeitgleich mit dem Eurofighter-U-Ausschuss - Mitte des Vorjahrs seine Arbeit abgeschlossen.
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