Welcome to Nollywood

In kürzester Zeit hat sich in Nigeria eine boomende Filmbranche entwickelt.
Nach Amerika und Indien hat jetzt auch Afrika seine eigene Traumfabrik - Nollywood: Innerhalb weniger Jahre hat sich in Nigeria eine blühende Filmindustrie entwickelt, die für Umsätze in Millionenhöhe, ein Fanpublikum von mehreren Millionen Sehern und panafrikanische Superstars sorgt.

Schon jetzt ist die nigerianische Filmindustrie nach Hollywood und Bollywood die drittgrößte der Welt. Bis zu 1.500 Filme entstehen hier pro Jahr, billig im Guerillastil an echten Schauplätzen und in wenigen Tagen gedreht. Am Mittwoch berichtet das "Weltjournal" (22.30 Uhr, ORF2) über die afrikanische Traumfabrik.

Horror, Action, Melodram
Die einstündigen Nollywood-Produktionen sind eine skurrile Mischung aus amerikanischen Horrorfilmen, opulenten Bollywood-Dramen und lateinamerikanischen Telenovelas. Es wird viel geweint, viel gekämpft - und es erscheinen Geister.

Der überwiegende Teil der nigerianischen Filme wird in Englisch gedreht. Das hat zum Trend geführt, dass immer mehr Nigerianer aus der Mittelschicht mit ihren Kindern nur noch Englisch sprechen. Und auch einfache Dorfbewohner in entlegenen Gegenden lernen so die Fremdsprache.

Gleichzeitig erreichen die Filme dadurch ein riesiges Publikum nicht nur in Nigeria, sondern auf dem gesamten Kontinent. Die Produzenten haben nicht ausschließlich kommerzielle Beweggründe: Viele Streifen behandeln im Gewand des Unterhaltungsfilms Probleme wie Aids und Korruption.

"Lernen, Hindernisse zu überwinden"
Außerhalb Afrikas wurde Nigerias blühende Filmbranche bisher kaum wahrgenommen. Zuletzt ist das Medieninteresse aber gestiegen: Die 2006 entstandene US-Dokumentation "This is Nollywood" begleitete etwa den Regisseur Bond Emeruwa bei seinem Vorhaben, mit einem (für Nollywood-Verhältnisse ohnehin schon großen) Budget von umgerechnet knapp 14.000 Euro, einer Digitalkamera, zwei Lampen und neun Tagen Drehzeit einen Actionfilm zu drehen.

Das ist nicht immer einfach. Bond hat mit Stromausfällen, Straßengangs und unzuverlässigen Schauspielern zu kämpfen: "In Nollywood zählen wir die Hindernisse nicht. Wir lernen, wie wir sie überwinden."

Jeder kann Regisseur sein
Die nigerianische Filmbranche hat sich innerhalb von eineinhalb Jahrzehnten quasi von null weg zu einer 180-Millionen-Euro-Industrie entwickelt.

Möglich gemacht hat diesen Boom erst die Entwicklung und die billige Verfügbarkeit von digitaler Technologie. In Nollywood kann jeder mit Zugang zu handelsüblicher Videoausrüstung zum Filmemacher werden: Inzwischen wird schon mit den ersten finanzierbaren HD-Kameras gedreht, Schnitt und Postproduktion erfolgen am PC, das Endprodukt wird als DVD oder Video-CD vertrieben.

Das große Kinosterben
Daneben hat eine weitere Entwicklung die Branche angekurbelt: Ende der 80er kam es in Lagos und anderen Großstädten zu einem massiven Kinosterben.

Aufgrund der damals schnell wachsenden Kriminalität trauten sich die potenziellen Filmfans nach Einbruch der Dunkelheit kaum noch auf die Straße. Viele Filmtheater mussten schließen, stattdessen tat sich ein riesiger Markt fürs Heimkino auf.

Ein Euro pro Film
Das hat zur Gründung von Videoclubs geführt, über die die Filme vertrieben werden. Ein typischer Film verkauft sich bis zu 50.000-mal, von echten Blockbustern werden oft mehrere 100.000 Exemplare verkauft.

Eine Video-CD kostet rund einen Euro. Das ist für fast jeden Nigerianer finanzierbar, und gleichzeitig ergeben sich aus dem hohen Absatz und den niedrigen Produktionskosten schöne Gewinne. Auch das Problem der illegalen Raubkopien hat man in den Griff bekommen. Die Polizei geht härter gegen Fälscher vor, der Preis für die legalen Videos wurde drastisch gesenkt.

TV-Hinweis
Am Mittwoch blickt das "Weltjournal" (22.30 Uhr, ORF2) hinter die Kulissen der Traumfabrik Nollywood - mehr dazu in tv.ORF.at.

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