"So kann das nicht laufen"

Mitarbeiter von Haidinger stärkt seinem Chef den Rücken. Die ÖVP spricht von einer "Racheaktion".
Zusätzlichen Zündstoff in der Innenministeriumsaffäre hat am Freitagabend ein Zeuge geliefert, der sich bis jetzt nicht zu Wort gemeldet hatte: Gerhard Schneider, ein ehemaliger Mitarbeiter von Ex-Kripo-Chef Herwig Haidinger und damals enger Vertrauter seines Vorgesetzten. Im Interview mit der ZiB stellt er sich klar hinter Haidinger.

"Alles belegbar"
Schneider wisse fast alles, was sein ehemaliger Chef weiß, berichtete die ZiB. Er hatte für Haidinger monatelang teils verdeckt ermittelt. Alles, was Haidinger bisher vorgelegt habe, sei belegbar, sagte Schneider nun.

"Parteipolitische Interessen"
Im Fall Kampusch habe es massiven Druck auf Haidinger gegeben, noch schlimmer in der BAWAG-Affäre: "Die BAWAG-Sache ist ja in Wirklichkeit noch viel brutaler in der Motivation derer, die da versucht haben, etwas von Dr. Haidinger zu verlangen. Es wurde versucht, den Polizeiapparat zu instrumentalisieren, ganz offensichtlich für parteipolitische Interessen. Das ist ja im Fall Kampusch so nicht passiert."

Im Fall Kampusch habe das Ziel Vertuschung gelautet.

"Die wollen nichts tun"
Schneider hatte auch eine Erklärung dafür parat, wieso Haidinger erst jetzt seine Vorwürfe äußerte: "Er hat diese Fakten gehabt und hat der Ressortleitung immer wieder gesagt: Da gehört etwas gemacht, so kann das nicht laufen."

Von der Ressortleitung sei jedoch immer gemauert worden. Schneider habe zu Haidinger bereits Mitte 2007 gesagt: "Herwig, jetzt tun wir was. Die wollen nichts tun. Sie lassen das verschwinden."

"Der Mann lügt nicht"
Haidinger habe geantwortet: "Gerhard, warte noch, ich gebe ihnen bis zum Ende meiner Amtszeit die Möglichkeit, die Sache zu erledigen. Das bin ich der Ressortleitung schuldig."

Auf die Frage, woher er von den angeblichen Verfehlungen im Innenministerium wisse, antwortete Schneider: "Haidinger hat es mir erzählt. Ich traue mir zu sagen: Der Mann lügt nicht. Es würde ihm nie einfallen, in solchen schwerwiegenden Angelegenheiten nicht die Wahrheit zu sagen."

Kuverts mit DNA hinterlegt
Offenbar fürchtet Haidinger um sein Leben. Kurz vor seiner Absetzung habe Haidinger Schneider zwei Kuverts gegeben in Hinblick darauf, "dass ihm etwas passieren könnte und dann wahrscheinlich all das, was er hier zusammengetragen und wahrgenommen hat, für immer von der Bildfläche verschwinden würde".

Diese Kuverts seien mit der DNA Haidingers versehen. Laut Haidingers Aussage sind in den Kuverts alle Unterlagen aufgehoben. Diese Kuverts habe Schneider, ohne dass er ihren Inhalt kenne, bei einem Anwalt "unseres Vertrauens" hinterlegt.

Haidingers Aussagen
Haidingers hatte seine Vorwürfe zunächst vergangene Woche im Innenausschuss des Parlaments und bei der Staatsanwaltschaft Wien erhoben.

Der ehemalige Leiter des Bundeskriminalamts hatte gesagt, man habe ihn per Weisung dazu bringen wollen, Unterlagen der Sonderkommission BAWAG dem ÖVP-Klub zuzuleiten und sofort Bericht zu erstatten, sollten sich Geldflüsse von der BAWAG bzw. dem ÖGB an die SPÖ nachweisen lassen.

Außerdem habe man ihm nahegelegt, Ermittlungsfehler bzw. "Schlampigkeiten" im Fall Kampusch nicht publik zu machen, um vor der Nationalratswahl 2006 keinen "Polizeiskandal" zu verursachen.

ÖVP: "Interessen der SPÖ"
Schneider war früher ÖVP-Personalvertreter. Die ÖVP wies seine Aussagen aber noch am Freitagabend zurück und erklärte: Schneider habe im Jahr 2005 für die SPÖ bei den Meidlinger Bezirksvertretungswahlen kandidiert und vertrete somit als Politiker der SPÖ deren Interessen, so die ÖVP Wien in einer Aussendung.

Die Aussagen Schneiders könnten als "Racheakt" gedeutet werden. Denn im Jahr 2003 sei gegen ihn seitens des ÖAAB ein Ausschlussverfahren eingeleitet worden, da er bei den Personalvertretungswahlen im Innenministerium mit einer eigenen Liste gegen die Fraktion Christlicher Gewerkschafter angetreten sei, heißt es in der Aussendung der ÖVP Wien.

Bundeskriminalamt: "Haidinger zugeteilt"
Das Bundeskriminalamt wies, ebenfalls noch am Freitagabend, darauf hin, dass Schneider erst seit 24. April 2007 dem Bundeskriminalamt zugeteilt sei. Er sei nie mit "operativen Ermittlungsarbeiten" betraut gewesen, hieß es in einer Aussendung.

Auch sei Schneider nie in der regulären "Linienorganisation" (in keiner regulären Abteilung des BKA) des Bundeskriminalamts tätig gewesen, sondern sei immer Haidinger zugeteilt gewesen. Dieser war Anfang Februar 2008 in seinem Amt als BKA-Chef abgelöst worden.

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