Zweifel an Echtheit vieler Michelangelos

Buchautoren weisen Vorwurf der Sensationshascherei zurück.
768 Seiten dick, 29 mal 44 Zentimeter groß und knapp neun Kilo schwer: Allein die Maße des vom Taschen Verlag unternommenen Versuchs, das Gesamtwerk Michelangelos in Buchform zu pressen, erscheinen beeindruckend.

Auf mehr als einen Meter Breite kann etwa die Gesamtansicht der Decke der Sixtinischen Kapelle ausgeklappt werden. Gleichzeitig werden Detailansichten geboten, die jeden Pinselstrich und jede Körnung erkennen lassen.

Doch der Prachtband "Michelangelo. Das vollständige Werk" erlaubt in seinem opulenten Bildteil und einer detailreichen Biografie nicht nur einen bisher wohl einzigartigen Blick auf die Werke des Florentiner Universalkünstlers.

Wirbel in den Feuilletons
Das Buch sorgte bereits vor der Veröffentlichung auch für heftigen Wirbel in den Feuilletons, da das von Frank Zöllner, Christof Thoenes und Thomas Pöpper herausgegebene Schwergewicht auch brisanten Zündstoff in der Debatte über die Echtheit von Michelangelos Zeichnungen liefert.

Die Faustregel, dass, je schwerer ein kunsthistorisches Buch sei, "der Text nur Gerippe für die Weichteile der Bilder" werde, trifft nach Ansicht der "Zeit" jedenfalls nicht zu. Vielmehr habe das Buch das Potenzial, eine entscheidende Runde in einem seit Generationen geschürten Konflikt einzuläuten.

"Dieses Buch tut weh"
Thoenes und Pöpper nehmen im vierten Teil des Bandes jedenfalls wenig Rücksicht auf die Museen und Sammler und reduzieren die Zahl zweifelsfrei Michelangelo zuzuschreibender Zeichnungen von knapp 900 auf rund 200.

In den Museen sei die Verunsicherung nun größer denn je, konstatierte die "Süddeutsche Zeitung", nach deren Ansicht das Buch folgerichtig nicht nur wegen seines Volumens wehtut.

"Schmerzhafte Revision"
Eine vollständige und in vielen Fällen schmerzhafte Revision werde sich nicht vermeiden lassen, betonten die beiden Buchautoren Pöpper und Zöllner in einem von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ("F.A.Z.") veröffentlichten Artikel.

Während etwa die "Times" von großer Aufregung im Britischen Museum berichtete, das im Besitz zahlreicher Michelangelos ist, zeigte sich auch Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder laut "Presse" wenig begeistert: Das Buch sei ein "Machwerk", ein "Rülpser".

"Das sind Fakten"
Doch obwohl die Fälschungsdebatte für reichlich Publicity für das Buch sorgte, weist Zöllner den Vorwurf der Effekthascherei zurück.

Demnach sei der aktuelle Stand der Debatte und nicht originäre Forschungen Inhalt des neuen Michelangelo-Buches. Fakt sei jedenfalls, so Zöllner, dass bei objektiver Abwägung einfach nicht so viele Zeichnungen Michelangelos im Umlauf sein können wie behauptet.

Buchhinweis
Frank Zöllner, Christof Thoenes, Thomas Pöpper: Michelangelo. Das Gesamtwek. Taschen Verlag 2007, 768 Seiten, 150 Euro.

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