Da Vinci in Bewegung

Peter Greenaway nistet sich im April und Mai in einer Mailänder Kirche ein.
Skandalregisseur Peter Greenaway ist auf der Suche nach seinem persönlichen Da-Vinci-Code: Der britische Exzentriker will "Das letzte Abendmahl", Da Vincis weltberühmtes Renaissance-Meisterwerk in der Dominikanerkirche Santa Maria delle Grazie in Mailand, in eine Art Film verwandeln - und zwar an Ort und Stelle im Refektorium, dem Speisesaal der Kirche. Eine Installation rund um das Originalbild soll die im Bild versteckten Geschichten zum Vorschein bringen.

Greenaway plant, aus Da Vincis Momentaufnahme mit modernster Projektionstechnik, Beleuchtung und Stimmen vom Band eine Erzählung zu machen. Das so animierte "Letzte Abendmahl" soll die ganze Geschichte von Christi Geburt bis zu seiner Kreuzigung erzählen, berichtete der "Guardian".

"Blasphemisch"
Greenaway rechnet schon im Vorfeld fix mit Kontroversen: Sein Projekt "könnten manche Leute für blasphemisch halten", sagte er jüngst in London. Er will an die Wände des Refektoriums der Kirche Bilder der Genitalien Christi und dessen nackten Körpers am Kreuz projizieren, die er anderen Arbeiten Da Vincis entnommen hat.

Hinter Jesu Kopf will Greenaway eine Sonne aufgehen lassen, er will abwechselnd die verschiedenen Gesten der Apostel beleuchten und die Gegenstände auf der Tafel zusätzlich an die Decke des Raumes projizieren. Eine Vorstellung der Da-Vinci-Show, die für April und Mai angesetzt ist, dauert sieben Minuten, nur 25 Besucher dürfen gleichzeitig im Raum sein.

Kunstwelt reagiert zwiegespalten
Schon jetzt stößt Greenaway, der vor seiner Filmkarriere selbst als Maler arbeitete, in der Kunstwelt auf Unverständnis. "Ehrlich gesagt, ich kann nicht erkennen, wie diese Bilder, die so, wie sie sind, ganze Generationen bewegt haben, durch die Eingriffe irgendeines Filmemachers besser werden sollen", zitiert der "Guardian" den Kunstkritiker Brian Sewell.

Da-Vinci-Experte Martin Kemp sagte hingegen, der Renaissance-Meister hätte dem Experiment sicher zugestimmt: "Man hat bei ihm das Gefühl, dass er wollte, dass sich seine Gemälde bewegen."

Demnächst im Vatikan?
Das "Abendmahl"-Projekt ist Teil eines größeren Vorhabens des Regisseurs, die berühmtesten Gemälde der Welt zum Leben zu erwecken - etwa Picassos "Guernica", die "Seerosen" von Monet und einen Jackson Pollock.

Laut "Guardian" hat Greenaway sogar beim Vatikan um eine Bewilligung angesucht, als Höhepunkt des Projekts in der Sixtinischen Kapelle mit Michelangelos "Jüngstem Gericht" zu arbeiten.

Und den Picasso will der Regisseur von Madrid ins Guggenheim in Bilbao verlegen, weil ihm im Museo Reina Sofia die Wände rund um das Gemälde, auf die sich weitere Bilder projizieren lassen, zu klein sind.

Mehr Aufmerksamkeit für Kunst
"Ich möchte, dass sich die Menschen wieder mit Kunst beschäftigen. Die meisten Menschen sind visuell schlecht gebildet", so Greenaway. Schüler würden bestärkt, sich mit Texten auseinanderzusetzen, während die bildende Kunst zur reinen Dekoration verkomme.

Mordkomplott hinter "Nachtwache"
Bereits vor zwei Jahren beschäftigte sich der britische Regisseur, der in Amsterdam lebt, mit dem wohl berühmtesten Bild Rembrandts, der "Nachtwache".

In einer Installation rund um das Bild im Amsterdamer Rijksmuseum inszenierte er die Geschichte eines Mordkomplotts, Rembrandt stellte er als eine Art Sherlock Holmes dar. Unter dem Titel "Nightwatching" drehte Greenaway auch einen Film mit Spekulationen über die Entstehung des Gemäldes.

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