Die schwimmende Müllhalde im Pazifik

"Eine Art Kunststoffsuppe, die in ihren Ausmaßen endlos ist."
Legosteine, Wasserflaschen, Tragetaschen, Fischernetze, Kajaks, Reisekoffer: Der nördliche Pazifik wird immer mehr zur Müllsuppe, zu einer gigantischen schwimmenden Kunststoffhalde.

Jetzt haben US-Forscher erneut vor den Gefahren des immer mehr zur Kloake werdenden Meeresgebiets gewarnt, das schon Beinamen wie Müllstrudel und Nordpazifische Müllhalde trägt.

Müll bleibt jahrzehntelang im Strudel
Die Plastiksuppe, die bereits die zweifache Fläche der USA umfasst, wird vom Nordpazifikwirbel angetrieben und zusammengehalten. Sobald der Abfall, der großteils vom Land kommt, von dieser riesigen Ringströmung erfasst wird, treibt er oft jahrzehntelang darin.

"Ursprünglich hat man daran geglaubt, dass es eine regelrechte Insel aus Plastikmüll sei, auf der man beinahe gehen könne. Es ist nicht ganz so. Vielmehr handelt es sich um eine Art Kunststoffsuppe, die in ihren Ausmaßen endlos ist - doppelt so groß wie die Vereinigten Staaten", sagte Marcus Eriksen, ein Meeresforscher der US-Stiftung Algalita Marine Research, am Mittwoch dem britischen "Independent".

Zwei pazifische Müllhalden
Die treibende Müllsuppe beginnt 500 Seemeilen vor der Küste Kaliforniens, erstreckt sich über den Nordpazifik und reicht bis fast nach Japan. Sie bedeckt Gebiete auf beiden Seiten von Hawaii, die als westliche und östliche pazifische Müllhalde bekannt sind.

Nur etwa ein Fünftel des Mülls geht von Schiffen oder Ölplattformen aus über Bord - der Großteil stammt vom Festland.

100 Millionen Tonnen Treibgut
Die Existenz des Müllstrudels wurde eher zufällig entdeckt: Der Ex-Seemann Charles Moore durchquerte vor elf Jahren mit seiner Segeljacht den Nordpazifikwirbel, der wegen des schwachen Windes meistens gemieden wird. "Immer wenn ich an Deck kam, schwamm neuer Müll vorbei", beschreibt Moore die Reise.

Moore, der wohlhabende Erbe eines US-Ölunternehmens, zog sich daraufhin aus dem Geschäft zurück und gründete die Algalita-Stiftung, um das Phänomen zu erforschen. Er schätzt, dass die Große Pazifische Müllhalde heute aus 100 Millionen Tonnen Treibgut besteht.

Via Satellit nicht zu erkennen
Meeresforscher wollen die tatsächliche Größe der schwimmenden Plastikmüllhalde noch nicht bestätigen. Dazu sei noch mehr Forschungsarbeit notwendig, sagte David Karl von der Universität von Hawaii dem "Independent". Es gebe aber keine Gründe, die Daten von Algalita anzuzweifeln.

Auf Satellitenbildern des Pazifiks kann man den Müllstrudel nicht erkennen, weil das Plastik lichtdurchlässig ist. "Man kann es nur vom Bug von Schiffen aus sehen", so Moore. Die Kunststoffe schwimmen meistens in den ersten zehn Metern unter der Oberfläche.

Zersetzung dauert 450 Jahre
Müll, der vom Nordpazifikwirbel erfasst wird, bleibt laut der Umweltorganisation Greenpeace bis zu 16 Jahre lang in diesem Gebiet. Insgesamt kann die Zersetzung moderner Kunststoffe bis zu 450 Jahre dauern.

Laut UNEP, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen, sind 90 Prozent des gesamten Ozeanmülls Plastik; auf jedem Quadratkilometer Meeresfläche befinden sich 18.000 Plastikteile. Außerdem ist Plastikmüll, der von Tieren oft für Nahrung gehalten wird, für den Tod von über einer Million Seevögeln und von über 100.000 Meeressäugern verantwortlich, schätzt das UNEP.

Gift in der Nahrungskette
Verheerende gesundheitliche Folgen könnte die Müllsuppe auch für Menschen haben. Das Plastikgranulat fungiert als "chemischer Schwamm" für Pestizide und andere Schadstoffe, die so in die Nahrungskette gelangen. "Was in den Ozean kommt, kommt in die Tiere und am Ende wieder auf unsere Tische. So einfach ist das", so Eriksen.

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