Zuvor wurde bekannt, dass im Rahmen einer internen Prüfung durch die US-Kanzlei Debevoise bei Siemens Österreich und deren Tochtergesellschaft VAI für den Zeitraum 2000 bis 2006 "zweifelhafte Zahlungen" in Summe von 60 Millionen Euro aufgetaucht seien, "deren Gegenleistungen nicht identifizierbar oder bestätigbar waren".
Für den Konzern insgesamt ist man bei den Nachforschungen auf 1,3 Mrd. Euro gekommen, die den Konzern bereits 520 Mio. Euro an Steuernachzahlungen kosteten.
Strafrechtliche Relevanz wird geprüft
Aufgrund der internen Prüfungsergebnisse müsse sich die Staatsanwaltschaft die Sachlage ansehen und diese auf strafrechtliche Relevanz prüfen, sagte Staatsanwalt Gerhard Jarosch.
Jarosch lobte in diesem Zusammenhang zwar, dass ein Großkonzern wie Siemens sich selbst kontrolliert und die Ergebnisse auch noch öffentlich macht, als außergewöhnlich und "herausragend". Ob die Selbstanzeige in der Steuerfrage die Strafbarkeit aufhebt, werde allerdings noch zu prüfen sein, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Verwicklung bisher bestritten
Siemens Österreich bestritt bisher eine Verwicklung in die Schmiergeldaffäre des Konzerns vehement.
"Siemens Österreich war und ist nicht in einen Korruptionsskandal verwickelt", erklärte etwa der damalige Finanzvorstand Harald Wasserburger im Februar 2007 in einer Aussendung. Im Oktober hat sich Wasserburger nach nur einem Jahr im Amt unerwartet zurückgezogen.
Keine Details über Hintergründe
Dem Vernehmen nach soll es sich bei den in der Siemens Österreich aufgetauchten fragwürdigen Zahlungen vor allem um Gelder gehandelt haben, die nach den Bürgerkriegen in den Neuaufbau der Niederlassungen im Balkan geflossen sein sollen.
Die Zahlungen bei der VAI sollen aus der Zeit der Übernahme der VA Tech durch Siemens stammen. Siemens-Compliance-Sprecher Stefan Schmidt wollte sich zu den Hintergründen der Zahlungen nicht äußern.
Dass noch weitere unzuordenbare Zahlungen dazukommen, gilt unterdessen als unwahrscheinlich. Die internen Ermittlungen der damit beauftragten US-Kanzlei Debevoise waren im vierten Quartal weitgehend abgeschlossen.
Auch Untreueverdacht wird geprüft
Sollte es sich bei den nun bekanntgewordenen Zahlungen um Schmiergeldzahlungen handeln, was von Siemens nicht definitiv ausgeschlossen werden kann, steht auch Bestechung im Raum - zumindest wenn Behörden im Spiel waren.
Nach neuem Gesetz, das seit 1.1.2008 gilt, wäre auch Bestechung zwischen zwei privaten Firmen strafbar. Weil die Gelder aber schon davor geflossen sind, ist diese Bestimmung noch nicht wirksam.
Zu prüfen ist laut den Behörden in solchen Fällen darüber hinaus der Verdacht auf Untreue (Höchststrafe zehn Jahre Haft), sowohl bei jenem Mitarbeiter, der Schmiergeld ausbezahlt, als auch bei dem, der Schmiergelder annimmt, bzw. auch die Frage der Anstiftung zur Untreue. In seltenen Fällen kann auch Betrug eine Rolle spielen. Das gilt in der Regel aber als eher unwahrscheinlich.
Fragwürdige Konten in Österreich
In der Siemens Affäre war Österreich schon vor einem Jahr ins Blickfeld geraten. Manager des Münchner Mutterkonzerns sollen über schwarze Konten in Österreich mehr als 100 Mio. Euro ins Ausland transferiert haben.
Solche Konten gab es laut Ermittlungen der Staatsanwaltschaft etwa in Innsbruck und Salzburg. Auch Wien wurde in deutschen Medienberichten im vergangenen Sommer als "Drehscheibe" genannt.
Die "Financial Times Deutschland" ("FTD") schreibt am Freitag, dass "die Manager der stets besonders auf Eigenständigkeit bedachten Tochter in Österreich besonders kreativ" gewesen seien. Eine Verwicklung in diese Geldflüsse hat die Siemens AG Österreich aber stets zurückgewiesen.
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