Musikwelt feiert "Klangmagier"

Karajan auf der Suche nach der perfekten Aufnahme.
"Wer all seine Ziele erreicht, hat sie wahrscheinlich zu niedrig gewählt": Bescheidenheit war Herbert von Karajans Sache nicht. Diesen Weg setzt das Salzburger Eliette und Herbert von Karajan Institut zum 100. Geburtstag des Dirigenten fort und stellt die Website zum Jubiläumsjahr unter dieses Motto.

Ein "Festjahr"
2008 soll nach dem Willen des Instituts "kein Gedenkjahr", sondern "ein Festjahr" für Karajan werden. Die Musikwelt ehrt den bedeutenden Dirigenten, der am 5. April 100 Jahre alt geworden wäre, mit Festkonzerten auf drei Kontinenten, Filmen und Büchern.

Vor allem aber hoffen die CD- und DVD-Labels auf ein neues Anheizen der Nachfrage, die in den fast zwei Jahrzehnten seit seinem Tod ohnedies stark geblieben war: Nach Maria Callas gilt Karajan als Nummer zwei unter den Longsellern auf dem Klassikmarkt.

"Der letzte der germanischen Titanen"
Als der "Klangmagier" und lange Zeit unumstrittene "Generalmusikdirektor Europas" am 16. Juli 1989 in seinem Haus bei Salzburg in den Armen seiner Frau Eliette überraschend starb, ging eine Ära in der Musikgeschichte zu Ende.

In internationalen Nachrufen wurde Karajan als "Gottvater der Musik" und "der letzte der germanischen Titanen" gewürdigt. Manche sprachen aber auch von der mit Karajan gestorbenen Welt der "Diktatoren am Dirigentenpult" - eine Anspielung sowohl auf seinen zielstrebigen Aufstieg im Nationalsozialismus als auch auf die Macht, die er sich nach einem nur kurzen Dirigierverbot nach Kriegsende erarbeitete.

Mächtiger Maestro
Eine Ämter- und Machtfülle, wie sie Karajan in der Nachkriegszeit besaß, ist in der Musikgeschichte vermutlich ohne Beispiel.

Er war zeitweilig gleichzeitig künstlerischer Leiter der Wiener Staatsoper und den Wiener Philharmonikern eng verbunden, Chefdirigent der Berliner Philharmoniker und des Philharmonia Orchestra London sowie künstlerischer Leiter der Salzburger Festspiele.

Stets an neuer Technik interessiert
Technikfreak Karajan, der schnelle Autos ebenso liebte wie Flugzeuge und Jachten, war stets auf der Suche nach neuen, verbesserten Aufnahmetechniken.

Ein eben im Henschel Verlag erschienener Bildband zeigt den Maestro nicht nur bei Proben, Konzerten und Jetset-Auftritten, sondern auch bei der Präsentation der Bildplatte (1971) und an der Seite des mit ihm befreundeten Sony-Gründers Akio Morita bei der Vorstellung der ersten Compact Disc (1981) in Salzburg.

Zahlreiche neue Boxsets
Karajan hat in den unterschiedlichsten Techniken mehr Einspielungen vorgelegt als alle anderen Dirigenten. Das macht sich nun bezahlt. Fast alle großen Klassiklabels haben Karajan-Aufnahmen im Archiv - und sie überbieten sich jetzt mit monumentalen Jubiläums-Boxsets.

Bei der Deutschen Grammophon ist seit kurzem eine zehnteilige CD-Box mit dem Titel "Master Recordings" erhältlich, zwölf DVDs mit Karajan-Highlights folgen.

Zahlreiche Filmdokumente
Bei EMI hat Karajan die meisten Platten veröffentlicht. Der Konzern bringt Anfang Februar alle dieser zwischen 1946 und 1984 entstandenen Aufnahmen als "The Complete EMI Recordings" auf den Markt - 88 CDs mit den Orchesterwerken, 72 mit Opern und Vokalwerken.

Bei Sony BMG konzentriert man sich hingegen auf Filmdokumente. Der Konzern, bei dem die Rechte für die meisten Karajan-Videos liegen, wird im Lauf des Jahres 30 DVDs zum Teil erstmals auf den Markt bringen.

Streben nach Perfektion
Der Musikstil des Maestros, der gemeinsam mit seiner dritten Frau Eliette auch Liebling der Regenbogenpresse war, wurde vom Streben nach klanglicher Perfektion geprägt.

"Mit seiner unerbittlichen Disziplin bei den Proben und seiner permanenten Auseinandersetzung mit der Komposition erlangte er für den Konzertabend absolute Freiheit und Souveränität", schildert die von Karajan 1976 entdeckte Geigerin Anne-Sophie Mutter seine Arbeitsweise.

Durch immer wieder neue Einspielungen derselben Repertoire-Werke suchte er seinem Klangideal nahezukommen. Gerade dieses Perfektionsstreben brachte aber auch Resultate, die von manchen Kritikern als oberflächlich und steril kritisiert wurden.

Festakt in Salzburg
Am 5. April, Karajans Geburtstag, ist in Salzburg ein Festakt im Haus für Mozart geplant, bei dem Joachim Kaiser als Laudator erwartet wird. Der Wiener Musikverein hat einen dreiteiligen Karajan-Konzertzyklus aufgelegt, und auch in New York, Paris, Berlin, Tokio und Luzern würdigt man den Maestro.

Buchprojekte, darunter Eliette von Karajans "Mein Leben an seiner Seite", sowie ein Film von Robert Dornhelm komplettieren das multimediale Karajan-Jahr.

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