Grenze Ungarn - Ukraine

Grenzgänger fürchten "Rache" der Ukrainer.
Ein Grenzübergang zwischen Ungarn und der Ukraine: Die lange Autoschlange schiebt sich nur langsam voran. Stundenlanges Warten, bis die Passkontrolle erfolgt. Der Zoll kontrolliert penibel jedes Auto. Mürrisch erklärt ein Mann aus der Ukraine, alles werde noch viel schlimmer, sobald Ungarn am 21. Dezember der Schengen-Zone beitrete.

35 Euro soll so ein Schengen-Visum kosten, was sich nicht viele Menschen leisten könnten, sagt der Mann. "Besonders für die in der Ukraine lebenden Ungarnstämmigen - zu denen auch ich gehöre - ist das alles bitter."

Schwieriger Benzinschmuggel
Während des Wartens wird geredet, über die Schwierigkeiten beim Benzinschmuggel, über günstige Quellen für günstige Waren - über das teure Schengen-Visum, über eine mögliche "Rache der ukrainischen Regierung" wegen der neuen Einreisebedingungen nach Ungarn.

Das sagt ein Ehepaar, das regelmäßig in die Ukraine zum Einkaufen und Tanken fährt - denn dort sei vieles billiger. "Da haben wir Angst, dass die Ukrainer nun auch uns die Reise in die Ukraine erschweren könnten."

Ängste auf beiden Seiten
Auch hier bei Beregsurany steht nach dem 21. Dezember der Grenzzaun Europas. Denn die Außengrenze der Europäischen Union wird um 450 Kilometer nach Osten verlegt.

Hier wird von einem neuen, unsichtbaren Eisernen Vorhang gesprochen, mit dem sich die EU gegen Osten schützt. Zugleich gibt es Ängste im Westen, dass dieser Zaun - vor allem zur Ukraine - nicht sicher sei. Oberst Laszlo Molnar, Direktor der Grenzdirektion Nyirbator, beruhigt.

"Sind schon lange Schengen-konform"
Sein Grenzabschnitt mit insgesamt 307 Kilometern und 14 Grenzübergängen - wie Beregsurany, Barabas, Zahony - würde sicher bewacht.

"Wir arbeiten schon lange Schengen-konform, haben uns immerhin seit dem Jahr 2000 auf den Beitritt zur Schengen-Zone vorbereitet. Wir verfügen über modernste Technik, hervorragend ausgebildete Beamte, übrigens 700 mehr als vor sechs Jahren."

1.110 Kilometer neue Außengrenze
Grenzgebäude wurden renoviert, die Grenz- und Zollbeamten nach dem Sicherheitsstandard der EU geschult. Ungarn hat erhebliche materielle Anstrengungen unternommen, um den Schengen-Anforderungen gerecht zu werden. Immerhin werden 1.110 Kilometer der ungarischen Grenze zur Außengrenze der Europäischen Union.

Investition in Technik
Die ungarische Regierung ließ sich den Schutz der Schengen-Grenze etwas kosten. Rund 160 Millionen Euro wurden investiert, knapp 90 Millionen davon kamen aus Brüssel. Gesichert wird durch Daten- und Nachtsichtgeräte, Wärmebildkameras, Laptops und Computervernetzung sowie Schnellboote für den Grenzfluss Theiß.

All das unterstützt die Beamten bei ihrer Tätigkeit. Und diese sei sehr erfolgreich, unterstreicht Oberst Molnar. Illegale Grenzgänger kommen laut Molnar derzeit vor allem aus dem Irak, aus Afghanistan, dem Kosovo und aus Pakistan.

Flüchtlinge meist zu Fuß
Oberstleutnant Zoltan Toth leitet die Grenzstelle Beregsurany. Die passierten in diesem Jahr bisher 600.000 Menschen aus 22 Nationen. "Gefälschte Reisedokumente werden ständig entdeckt - auch die grüne Grenze ist sehr frequentiert. Die meisten Flüchtlinge kommen zu Fuß, bereits ohne Schlepper und sollen sich dann hier in Ungarn allein durchschlagen."

Die Chancen, den Grenzern zu entkommen, seien gering. Dafür sorgten Hightech und vollständige Vernetzung bei der Fahndung, so Toth. Die Hauptfluchtzeiten an der grünen Grenze liegen zwischen 18.00 und 24.00 Uhr und dann zwischen 4.00 und 7.00 Uhr, sagt der Oberstleutnant. Dabei würden die illegalen Grenzgänger oft auch von der Schleppermafia betrogen.

Die Tricks der Schlepper
"Da werden sie ans Theißufer auf ukrainischer Seite gebracht - und dann wird ihnen gesagt, das hier ist der Ärmelkanal und dort ist England. Dann werden die Flüchtlinge nach der Ergreifung von uns aufgeklärt, dass sie sich in der Republik Ungarn befinden."

Scharfer Kampf gegen Korruption
Viel verdienen ungarische Grenzbeamte nicht - ungerechnet rund 400 Euro im Monat. Da hält dieser oder jener hin und wieder die Hand auf, gibt es Korruption, Kooperation mit Schlepperbanden. Molnar sagt, dass die Grenzwache seit Jahren gegen Korruption kämpfe - mit harten Mitteln, dichten Filtern.

"Doch es gibt immer wieder verirrte Schafe. Aber die tragen dann nicht mehr lange unsere blaue Uniform, sondern sie wandern vor Gericht."

40 km tiefe Überwachungszone
Wer künftig vom Osten her die EU-Außengrenze überwindet, in das grenzenlose Schengen-Europa eintaucht, der hat quasi freie Fahrt - bis zum Atlantik. Auch daran erinnert Molnar. Deswegen sei die Ostgrenze systematisch dicht gemacht worden. Die Sicherheit reicht bis ins Hinterland.

Der Raum hinter der Grenze wird durch eine rund 40 km tiefe Überwachung abgesichert. Alle Einsatzfahrzeuge sind mit dem Schengen-Informationssystem (SIS) vernetzt. Fahndungsbefehle können umgehend überprüft, Identitäten festgestellt und gestohlene Autos aufgefunden werden.

Harriet Ferenczi, APA

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