Benedikt XVI. über die Hoffnung

"Der Mensch braucht Gott, sonst ist er hoffnungslos."
Die Ideologien dieser Welt seien verblasst, doch das Prinzip Hoffnung biete Christen einen weiten Horizont für die Suche nach einem Sinn in der globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts - das ist der Kern der zweiten Enzyklika von Papst Benedikt XVI.

"Der Mensch braucht Gott, sonst ist er hoffnungslos", schreibt das Oberhaupt der katholischen Kirche in der Lehrschrift "Spe Salvi". Nicht Fortschritt, Wissenschaft oder politische Revolutionen könnten die Menschheit retten, sondern die im Christentum verwirklichte kollektive Hoffnung.

Keine göttliche Gerechtigkeit?
Der moderne Atheismus sei im Kern ein Moralismus: Eine Welt, gezeichnet von so viel Ungerechtigkeit, unschuldigem Leid und Zynismus der Macht könne nach dieser Ansicht nicht das Werk eines guten Gottes sein, schreibt der Papst.

Aus diesem Denken seien säkulare Heilslehren wie der Kommunismus entstanden: Der Gedanke, dass der Mensch tun müsse, was Gott nicht tue, nämlich die Schaffung der vollkommenen Gerechtigkeit auf Erden, sei jedoch "sowohl anmaßend als auch von innen her unwahr".

"Grausamer Fortschritt im Bösen"
Es sei kein Zufall, dass dieser Gedanke in der Geschichte zu den "größten Grausamkeiten" geführt habe. "Eine Welt, die ihre eigene Gerechtigkeit schaffen muss, ist eine Welt ohne Hoffnung."

Der Papst warnt dementsprechend vor Weltanschauungen als Ersatz für die christliche Hoffnung auf das ewige Leben. "Wir alle sind Zeugen geworden, wie Fortschritt in den falschen Händen zum grausamen Fortschritt im Bösen werden kann und geworden ist", schreibt Benedikt.

Kritik am Modernismus
Er spart auch nicht mit Kritik am christlichen Modernismus. Das Christentum habe sich in der Moderne zu sehr auf das Individuum und seine Erlösung konzentriert. Das christliche Konzept von Hoffnung und Erlösung sei jedoch nicht immer so auf den einzelnen Menschen ausgerichtet gewesen.

Es gebe Wege für die Gläubigen, wahre christliche Hoffnung zu lernen und zu praktizieren: im Gebet, im Leid, im Handeln und im Betrachten des Jüngsten Gerichts als Symbol der Hoffnung, heißt es in der Enzyklika.

Auf Latein verfasst
In dem in der gedruckten Version 64 Seiten langen Dokument, das der Papst Quellen aus dem Vatikan zufolge auf Latein verfasst hat, werden mehrere Kirchenväter, aber auch weltliche Philosophen wie Immanuel Kant, Francis Bacon, Theodor Adorno, weiters Martin Luther, Schriftsteller wie Fjodor Dostojewski und Jean Giono und der vom kommunistischen Regime jahrelang eingekerkerte vietnamesische Kardinal Nguyen Van Thuan zitiert.

Im Jänner 2006 hatte Benedikt XVI. in seiner ersten Enzyklika "Deus caritas est" die zentrale Bedeutung von Liebe und Barmherzigkeit für das Zusammenleben der Menschen und das Handeln der Kirche hervorgehoben.

Ausdruck der obersten Lehrgewalt
Im Gegensatz zu seinen Vorgängern, die eher politische Enzykliken verfassten, legte Benedikt XVI. nun erneut eine spirituelle Schrift vor.

Mit "Spe Salvi" widmet sich der Papst der zweiten der drei christlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe. Als Ausdruck der obersten Lehrgewalt haben päpstliche Enzykliken in der katholischen Kirche ein hohes Maß an Verbindlichkeit.

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