Stein auf Stein wie vor 800 Jahren

Die Baustelle soll einen authentischen Blick auf das Leben im Mittelalter bieten.
Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (BZÖ), Friesachs Bürgermeister Max Koschitz (SPÖ), AMS-Kärnten-Chef Josef Sibitz und der Kärntner Unihistoriker Johannes Grabmayer wollen in Friesach eine nagelneue mittelalterliche Burg bauen.

Inspiriert wurden sie von einem ähnlichen Projekt aus dem französischen Guedelon. Dort begann man 1997 mit dem Bau einer "Niederburg" im Stil des 13. Jahrhunderts. Die experimentelle Baustelle entwickelte sich zum Publikumsmagnet.

So "echt" wie möglich
Die Besucher können auf einer Lichtung im Wald von Guedelon im nördlichen Burgund, etwas östlich des Loire-Tals mit seinen weltberühmten Burgen und Schlössern, täglich beobachten, wie Arbeiter in Originalkostümen rote Sandsteinblöcke aus dem Fels brechen und Pferdegespanne die Blöcke vom Steinbruch zum Holzgerüst ziehen.

Die mittelalterliche Burganlage wird ausschließlich mit Werkzeugen und Techniken aus der damaligen Zeit gebaut. Sämtliche Werkzeuge und Hilfsmittel wie Tretkräne, Lehrgerüste und Gewölbeschalungen werden auf der Baustelle selbst hergestellt.

Siedlung mit "Zulieferern"
Um die Baustelle herum ist mittlerweile eine ganze Siedlung von "Zulieferern" entstanden, in denen Handwerker unter anderem Dachschindeln, Körbe, Töpferwaren, Fliesen, Nägel, Werkzeuge, Seile, Balken, Wolle und Kleidung herstellen.
Außerdem werden Pferde, Schafe, Schweine, Gänse, Hühner und Enten gehalten.

Das Können der alten Baumeister
"Wenn man eine alte Kathedrale oder eine Burg besucht, ist man oft erstaunt über das große Können der damaligen Baumeister", erläuterte Michel Guyot, der das Guedelon-Projekt in Gang gebracht hat.

"Aber bis heute hat niemand genau erklärt, wie die Leute das geschafft haben - genau das wollen wir hier herausbekommen."

Mörtel aus ungelöschtem Kalk
Und so werden jetzt in der Schmiede Nägel zurechtgehämmert, aus ungelöschtem Kalk wird der Mörtel gemischt und in eine Kalkgrube geleitet. Die Bauleute arbeiten mit alten Maßeinheiten wie der Elle und stellen mit Hilfe eines bleiernen Lots sicher, dass die Wände senkrecht stehen.

Gründliche Vorrecherche
Zunächst studierte Guyot die wenigen erhaltenen Tagebücher seiner Vorbilder aus dem 13. Jahrhundert.

Mit seinem Team reiste der Baumeister durch Frankreich, um die Überreste von Burganlagen aus dem Philippinischen Zeitalter zu besichtigen - einer Zeit, in der ständige Fehden zwischen den Rittern und Grafen den Bau besonders stark befestigter Burgen erforderlich machten.

45 Vollbeschäftigte und Freiwillige
Als Bauplatz suchten sie schließlich einen Ort aus, der genug Holz, einen Steinbruch und Wasser bot. Guyot heuerte zunächst 50 Arbeiter an. Zwischenzeitlich sind 45 vollberufliche Arbeiter und bis zu 16 Freiwillige beschäftigt.

Die Arbeiten ruhen von November bis März. In dieser Zeit ist die Baustelle auch für Besucher geschlossen.

"Kleine Mannschaften sind viel besser"
Während der Arbeiten haben die Arbeiter etliche Entdeckungen über die mittelalterliche Baukunst gemacht: "Wir haben zum Beispiel herausgefunden, dass es gar nicht viele Leute braucht, um so ein monumentales Gebäude zu errichten", sagte einer der Bauleiter, Florian Renucci.

"Kleine Mannschaften sind viel besser: kompetent, spezialisiert und gut organisiert." Für ihn ist durch die Erfahrung von Guedelon die Annahme widerlegt, dass am Bau von Burgen oder Kathedralen im Mittelalter riesige Menschenmengen beteiligt waren.

"Wir werden nie aufhören"
Voraussichtlich 2023 soll die Burg von Guedelon fertig sein. Doch Guyot will sich auch dann nicht zur Ruhe setzen. Als Nächstes sollen eine Kirche und ein Dorf entstehen.

"Wir werden nie aufhören. Wir werden einfach weitermachen - und irgendwann im 14. Jahrhundert ankommen."

Auch die EU zahlte mit
Der Erfolg gibt ihm recht. Als sich die Ernsthaftigkeit und der zunehmende Baufortschritt abzuzeichnen begannen, förderten der Staat Frankreich und die EU Guedelon mit 2,5 Millionen Euro.

Seit Auslauf dieser Förderung trägt sich das Großprojekt selbst durch Spenden, Eintrittsgelder, Merchandising und Gastronomie.

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