Von den ersten großen Verlusten bei den Karibik-Geschäften im Oktober 1998 habe sie erfahren, als sie einmal ihren Anrufbeantworter abgehört habe, so die 50-Jährige am 46. Verhandlungstag im BAWAG-Prozess. Wolfgang Flöttl habe eine Nachricht hinterlassen. Dabei habe sie das Gefühl gehabt, dass etwas nicht stimmen konnte.
"Du kannst es dir nicht vorstellen"
Sinngemäß habe Flöttl gesagt: "Helmut, ruf mich in New York an." Das habe sie auch ihrem Mann gesagt. Beim darauffolgenden Gespräch sei sie nicht dabei gewesen, erst danach habe sie ihn gefragt, was los sei.
"Du kannst es dir nicht vorstellen, das ganze Geld ist weg", habe ihr Mann gesagt. "Mein Mann war vollkommen fertig", so Ruth Elsner. Sie habe aus der "Blässe" und Körpersprache gewusst, dass etwas ganz Schreckliches passiert sei. Er habe versucht, andere Vorstandskollegen zu erreichen, und sei so rasch als möglich nach New York geflogen.
Großes Medieninteresse
Der Zeugenauftritt Ruth Elsners stieß auf reges Besucher- und Medieninteresse. Unter den Zuhörern im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Wien waren auch die Tochter von Elsner aus seiner ersten Ehe, Marie-Therese Kinsky, seine Ex-Gattin und Elsners frühere Sekretärin Sandra Rogatsch, die für ihn auch nach der Pensionierung die persönlichen Konten geführt hatte.
"Beruf Hausfrau"
Elsners jetzige Gattin gab bei ihrer Zeugenbefragung als Beruf "Hausfrau" an. Sie habe von 1975 bis 1985 zehn Jahre lang im Kassensaal der BAWAG gearbeitet, seit 1988 sei sie mit Elsner verheiratet.
Den Investmentbanker Flöttl habe sie persönlich erst 1994 oder 1995 kennengelernt. Von den Karibik-1-Geschäften habe sie in erster Linie aus den Medien gewusst. Prinzipiell habe sie mit ihrem Mann nie über Geschäfte gesprochen, sagte Ruth Elsner.
"Stratege von 8.00 bis 16.00 Uhr"
"Mein Mann war immer angestrengt", so die Elsner-Gattin. Als Generaldirektor eines großen Wirtschaftsunternehmens sei man in erster Linie Stratege - von 8.00 bis 16.00 Uhr. Es habe danach sicher ein bis zwei Stunden gedauert, bis er abschalten konnte, oft sei das gar nicht gelungen.
Reise nach London
Im Dezember 2000 - in der Zwischenzeit ist auch der Versuch der BAWAG, die Verluste von 1998 mit neuen Spekulationsgeschäften auszugleichen, gescheitert - sei sie mit ihrem Mann nach London geflogen, sagte Ruth Elsner weiter aus.
Er habe etwas Geschäftliches zu tun, habe ihr Mann zu ihr gesagt. Es seien Theater- und Opernkarten bestellt worden und Weihnachtseinkäufe geplant gewesen.
Wortkarger Flöttl
Flöttl habe sie auf dem Flughafen in London abgeholt, er sei im Wesen sehr verändert gewesen und habe sehr wortkarg gewirkt. Sie habe das Gefühl gehabt, "er ist krank oder wird krank".
Am Abend im Theater sei ihr aufgefallen, dass Flöttl nichts vom Stück mitbekommen habe, nicht in Stimmung gewesen sei. Flöttl hatte Elsner beim London-Aufenthalt über den Verlust von über 400 Mio. Euro informiert.
"Hab' mich so auf die Oper gefreut"
Am Freitagnachmittag, vor dem geplanten Besuch einer Opernaufführung, habe sich ihr Mann mit Flöttl besprochen, sie habe sich für den Opernbesuch fertig gemacht. Ihr Mann sei dann nicht gekommen, auf mehrmalige telefonische Anfrage habe es nur geheißen, man dürfe nicht stören.
Als ihr Mann dann ins Zimmer kam, sei er bleich auf das Sofa gefallen und habe gesagt: "Du kannst es dir nicht vorstellen, das ganze Geld ist weg." "Bleich wie die Wand" sei ihr Gatte gewesen. "So habe ich ihn noch nie gesehen, dabei hab ich mich schon so auf die Oper gefreut", so Frau Elsner.
Selbstmordpläne Flöttls?
Sie habe Flöttl gefragt, wie das passieren konnte. Flöttl habe ihr gesagt, er sei vor ein paar Tagen in Wien gewesen und habe die Absicht gehabt, in einem Hotelzimmer Selbstmord zu begehen.
Zurück in Wien habe ihr Mann versucht, andere Vorstandskollegen zu erreichen. Peter Nakowitz sei noch am selben Abend in die Wohnung gekommen.
"Habe so oft gekocht"
Richterin Claudia Bandion-Ortner fragte Ruth Elsner auch nach einem Treffen mit Flöttl, das am 19. Dezember 2000 in der Wohnung von Elsner stattgefunden haben und wo Frau Elsner gekocht haben soll. "Ich hab so oft gekocht, glauben Sie mir, Frau Rat, ich würde gerne wieder kochen - für meinen Mann", so Ruth Elsner. An ein Treffen mit Flöttl am 19. Dezember 2000 konnte sich Elsner aber nicht erinnern.
Flöttl: "War immer furchtbar nett"
"Herr Dr. Flöttl, hat die Frau Elsner gekocht am 19. Dezember?", fragte Bandion-Ortner. "Sie war immer furchtbar nett, seit ich in Amerika war, hat niemand mehr für mich gekocht, das war immer furchtbar nett", streute der auf der Anklagebank sitzende Flöttl der Ehefrau seines Mitangeklagten Rosen.
Das meiste Wissen über die BAWAG habe sie von den Wirtschaftsseiten der Zeitungen erfahren. Der Kontakt mit Flöttl sei dann abgebrochen, vermutlich, weil er das Geld der Bank verloren habe, sagte Ruth Elsner.
Streit um Penthouse
Gegen Frau Elsner läuft ein von der BAWAG betriebenes Verfahren beim Landesgericht für Zivilrechtssachen. Die Ehefrau Elsners hatte die 277 Quadratmeter große Penthouse-Wohnung in der Tuchlauben in der Wiener Innenstadt im August 2005 um 474.000 Euro plus Umsatzsteuer gekauft.
Laut der nunmehrigen BAWAG-Führung war das Rechtsgeschäft nichtig, weshalb die Bank die Herausgabe der Wohnung verlangt. Dieses Verfahren ist aber de facto unterbrochen, hier wird auf das Ende des BAWAG-Strafverfahrens gewartet.
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