Väterkarenz als Erfolgsmodell

Island ist Europas Väterparadies.
Island überrascht immer wieder: mit seiner unberechenbaren, rauen Natur. Und mit dem Vertrauen seiner Bewohner in Zukunft und Familie.

Nirgendwo in Europa werden mehr Kinder geboren und nirgendwo in Europa bleiben so viele Väter von der Arbeit zu Hause, um sich um ihren Nachwuchs zu kümmern.

©Bild: ORF
©Bild: ORF
"Ein wunderbares Experiment"
"Es ist ein wunderbares Experiment. Ich kann meinen Sohn so auf eine ganz andere Art kennenlernen, als wenn ich arbeiten würde", sagte der Jungvater Heimir Tryggvason gegenüber dem ORF-"Weltjournal". Und Björn Jonson fügt hinzu: "Ich finde es toll, mit meinem Kleinen zu sein. Nur wir beide, das ist wunderschön."

Stefan Kristinsson ist Feuerwehrmann und Sanitäter. Seine Frau ist Lehrerin. Gemeinsam haben sie drei Kinder. Seit einigen Wochen kümmert sich Stefan um den Haushalt und die Familie. Am Vormittag ist er mit seinem kleinen Sohn Kirikur allein zu Hause.

"Die Älteren sind ein bisschen neidisch"
"Ich liebe meine Arbeit als Feuerwehrmann. Aber ich habe das jetzt 15 Jahre gemacht und es ist gut, da auch einmal rauszukommen", so Kristinsson. Für die Kollegen sei diese Haltung normal: "Alle Väter gehen zurzeit in Karenz." Nur die älteren Kollegen, die keine Kinder hätten, seien ein bisschen neidisch.

In Island haben die Eltern das Recht auf insgesamt neun Monate Karenz. Drei Monate hat die Mutter, drei Monate können sich die Eltern beliebig aufteilen, drei Monate sind für den Vater reserviert. Nimmt er sie nicht, verfallen sie. Das ist ein wichtiger Anstoß für die Väter, von ihrem Recht Gebrauch zu machen.

©Bild: ORF
©Bild: ORF
Sicherheit für die Familien
Der wichtigste aber ist die Höhe des Kinderbetreuungsgeldes. Sie liegt bei 80 Prozent des vorherigen Einkommens. Im Falle von Stefan sind das immerhin umgerechnet etwas mehr als 3.000 Euro im Monat.

Eine Familie zu gründen, Kinder zu bekommen ist in Island kein Existenzrisiko. "Ich bekomme jetzt nur noch 80 Prozent meines Gehalts, aber das reicht. Wenn ich arbeiten würde und mir einen Babysitter suchen müsste, wäre das auch teuer", so Kristinsson.

Väter werden ermutigt
Die dreimonatige Karenzzeit für Väter ist akzeptiert, nur ganz selten gibt es Probleme. Der Kommandant der Feuerwehr von Reykjavik und Arbeitgeber von Kristinsson, Jon Vida Matthiasson, erklärt das so:

"Wir ermutigen unsere Männer, dass sie sich Väterkarenz nehmen, weil wir glauben, dass es wichtig für sie und ihre Familie ist. Wir müssen dann Überstunden bezahlen, weil ihre Kollegen ihre Schicht übernehmen müssen, aber das ist kein Problem. Die Leute sind solidarisch und denken: Wenn ich aushelfe, wird auch mir ausgeholfen, wenn ich Elternurlaub nehme."

Die Väterkarenz ist eine Erfolgsstory in Island. Das Einkommen des Besserverdienenden - und das sind auch in Island die Väter - wird in einem erträglichen Ausmaß gekürzt. Die Unternehmen sind damit finanziell nicht belastet.

Erleichterter Wiedereinstieg
Und die Eltern können die neun Monate Elternurlaub relativ frei und flexibel einteilen. Dazu kommt noch, dass der Wiedereinstieg ins Berufsleben für Männer und Frauen einfach ist, weil Kinderbetreuungseinrichtungen in Island weit besser ausgebaut sind als in Österreich und Deutschland.

70 Prozent aller Kinder zwischen drei und fünf Jahren sind täglich mehr als acht Stunden in Tagesbetreuung. Dazu kommt: Island ist eines der reichsten Länder der Erde. Seine Wirtschaft floriert. Arbeitskräfte sind knapp, und jedes Unternehmen versucht, die guten Kräfte zu halten.

Links: