Im Juni starb der erst 17 Jahre alte Takashi Saito - einen Tag, nachdem ihm der Chef des Sumo-Stalls, der ihn ausbildete, eine Bierflasche auf den Kopf geschlagen hatte. Jetzt hat der erzkonservative Japanische Sumo-Verband die härteste Strafe verhängt und den Trainer des Opfers für immer aus dem Verband ausgeschlossen.
Erst wenige Monate in Ausbildung
Der 57-jährige Junichi Yamamoto, der unter seinem Sumo-Namen Tokitsukaze bekannt ist, soll auch dabei zugesehen haben, wie ältere Trainingskollegen seinen Schützling schlugen und traten.
Takashi Saito, dessen Ringername Tokitaizan war, hatte seine Ausbildung erst im Frühjahr begonnen. Er war ein Jonokuchi, der niedrigste Rang in der Sumo-Hierarchie. Zu dem Vorfall kam es offenbar, weil der 17-Jährige aus dem Ringerstall fliehen wollte.
"Öffentliches Ansehen beschädigt"
Tokitsukazes Handlungen in diesem Zusammenhang seien "gleichbedeutend mit stillschweigender Zustimmung", sagte der Vorsitzende des Sumo-Verbandes mit dem Ringernamen Kitanoumi.
Zu mehr als dieser vergleichsweise diplomatisch formulierten Beschuldigung konnte sich der Verband nicht aufraffen. Man wolle das Resultat der polizeilichen Ermittlungen abwarten, hieß es. Die Bestrafung habe Tokitsukaze ausgefasst, weil er "das öffentliche Ansehen des Verbands beschädigte".
Widersprüchliche Aussagen
Saitos ältere Kollegen sollen ihn im Hinterhof des Trainingsgebäudes mindestens 20 Minuten lang mit einem Bambusstab und einem Metallschläger misshandelt haben, heißt es - auf Anweisung Tokitsukazes.
In Briefen an andere Sumo-Trainer und in TV-Auftritten wies Tokitsukaze alle Vorwürfe zurück. Er habe sogar versucht, die Gewaltausbrüche der Ringer zu verhindern. Damit steht Aussage gegen Aussage.
Schlechtes Image
Das Image von Sumo verschlechtert sich ständig, und der in Sachen Krisenmanagement nicht sonderlich geübte Verband scheint mit so vielen negativen Schlagzeilen schwer umgehen zu können.
Als weitere Konsequenz aus dem Vorfall kürzte der Verbandschef jetzt sein eigenes Gehalt für vier Monate um 50 Prozent. Neun weitere Spitzenfunktionäre bekommen drei Monate 30 Prozent weniger Gehalt. Außerdem will der Verband andere Todesfälle der vergangenen Jahre untersuchen. Seit 1985 starben 16 Sportler.
Nicht sehr beliebt
Außerdem ist derzeit ausgerechnet einer der größten Stars des Sports, der mongolische Großmeister Asashyoryu, wegen Stresses und Depressionen in Behandlung. Er wurde vorerst von allen Turnieren ausgeschlossen.
Unter diesen Umständen ist es kaum verwunderlich, dass der japanische Nationalsport weniger Anhänger hat als je zuvor.
Das Meinungsforschungsinstitut Oricon veröffentlichte am Montag eine Umfrage über die beliebtesten Sportstars Japans. Nummer eins sind ein Baseballspieler und eine Eiskunstläuferin, auch Golfer, Schwimmer und Judokas haben es in die Liste geschafft, doch Sumo-Ringer sind weit und breit nicht zu finden.
Turniere dauern 15 Tage
Sumo ist bekannt für seine harten Trainingsmethoden und althergebrachten Hierarchien. Turniere finden mehrmals pro Jahr statt, heuer etwa sechsmal, und jede dieser Veranstaltungen dauert 15 Tage.
Die Ringkämpfe selbst sind oft schon nach wenigen Sekunden vorbei. Schon kleine Konzentrationsschwächen können zur Niederlage führen, weshalb es in den Sumo-Ställen auch ums "mentale" Training geht.
Brutales Training
Die Stallchefs schlagen die Ringer oft mit Bambusstöcken, wenn sie nicht konzentriert genug zu sein scheinen. Dafür gibt es sogar einen Namen: "kiai-ire" ("Geist einflößen").
Diese Praxis habe "mit Gewalt überhaupt nichts zu tun", sagte ein namentlich nicht genannter Trainer der Tageszeitung "Yomiuri Shimbun". "Ich werde diese Trainingsmethode in meinem Stall sicher nicht aufgeben."
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