Laut Experten sind Medikamente deshalb heute auch bedeutend sicherer. "Der Fall Contergan hatte gravierende Auswirkungen auf die deutsche wie auch auf die internationale Arzneimittelgesetzgebung", sagte zuletzt der Abteilungsleiter für Arzneimittelsicherheit beim Bonner Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Ulrich Hagemann, in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
"Zwischen damals und heute liegen Welten"
Heute gebe es im Vergleich zu damals hohe Hürden für die Zulassung neuer Wirkstoffe, zugelassene Medikamente würden permanent überwacht. Außerdem sei mittlerweile viel mehr über die Wirkungsweise von Medikamenten bekannt.
Daher hält Hagemann es für "wahrscheinlich ausgeschlossen", dass es heute noch einmal zu einem Contergan-Skandal kommen könnte. "Zwischen damals und heute liegen Welten."
"Gab nicht einmal Arzneimittelgesetz"
Als das Schlafmittel vor 50 Jahren auf den Markt kam, gab es Hagemann zufolge so gut wie keine Sicherheitsnetze. "Es gab noch nicht einmal ein Arzneimittelgesetz."
Jeder Hersteller konnte seine Produkte demnach ohne eingehende Prüfung auf den Markt bringen. Erst 1961 wurde ein Arzneimittelgesetz erlassen.
"Immer mit Risiken verbunden"
Was darin stand, wurde unter anderem von den Beschlüssen des Landgerichts Aachen beeinflusst, das über den Contergan-Fall entscheiden musste.
Das Gericht gab Hagemann zufolge zentrale Grundsätze zur Arzneimittelsicherheit vor, die bis heute gültig sind. Es ging davon aus, "dass Arzneimittel, wenn sie wirken, immer mit Risiken verbunden sind".
Ärzte als zusätzliches Sicherheitsnetz
Neue Medikamente müssen heute viele Hürden nehmen. "Die Erprobung am Menschen ist streng reglementiert", sagte Hagemann. Aber auch nach der Zulassung wird das Präparat weiter überwacht.
"Anfang der 60er Jahre wurde das 'Spontanerfassungssystem' entwickelt", so Hagemann. Ärzte, die einen Verdacht auf Nebenwirkungen haben, können ihre Bedenken jederzeit an das BfArM melden. "Jährlich gehen 16.000 bis 17.000 Berichte ein."
Ebenfalls dem Fall Contergan zu "verdanken" habe Deutschland eine andere Maxime: "Die Behörden müssen bei begründetem Verdacht auf unvertretbare Risiken sofort handeln und dürfen nicht abwarten, bis wissenschaftliche Beweise für die Gefahr vorliegen."
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