Geld für den Terror

Drei österreichische Studenten entführten 1977 den Industriellen Walter Palmers, um Geld für die "Bewegung 2. Juni" zu beschaffen.
30 Jahre nach dem "Deutschen Herbst" wird der RAF-Terrorismus allerorten wieder zum Thema - auch auf der Leinwand: Am Freitag startet der Dokumentarfilm "Keine Insel - Die Palmers Entführung 1977" von Alexander Binder und Michael Gartner in den österreichischen Kinos.

In Interviews und mit Bilddokumenten rollen sie auf, wie vor 30 Jahren der linke Terror nach Österreich kam - oder besser: die Geldbeschaffung für den Terror.

Drei österreichische Studenten - RAF-Sympathisanten und Anhänger der "Bewegung 2. Juni" - entführten damals den Textilindustriellen Walter Palmers, um Lösegeld in Millionenhöhe zu kassieren.

Schnell geplant
Drei Jahrzehnte nach der Tat erzählen die Protagonisten Thomas Gratt, Othmar Keplinger und Reinhard Pitsch ihre Geschichte - von den Studienanfängen am Institut für Theaterwissenschaft, von der Gründung einer eigenen linken Gruppe, ihrem Versuch, den "politisch-militärischen Kampf" nach Österreich zu tragen.

Als die österreichischen RAF-Sympathisanten durch Zufall mit Mitgliedern des bewaffneten Untergrunds aus Deutschland zusammentreffen, geht alles recht schnell. Sie planen eine Geldbeschaffungsaktion für die "Bewegung 2. Juni", eine vor allem in Deutschland aktive, der RAF nahestehende "Stadtguerilla"-Gruppe.

100 Stunden in der Gewalt der Entführer
Am Abend des 9. November entführen Gratt, Keplinger und Pitsch den 74-jährigen Industriellen Walter Michael Palmers, Chef des größten österreichischen Textilkonzerns. "Als einzig Machbares - technisch, taktisch Machbares - hat sich dann halt der Palmers herausgestellt", sagt Gratt im Film nüchtern.

Nach 100 Stunden erhalten die Entführer 31 Millionen Schilling Lösegeld und lassen Palmers frei. Zwei Wochen später verhaftet die Polizei Gratt und Keplinger im schweizerisch-italienischen Grenzort Chiasso. Beide tragen Waffen und zwei Mio. Schilling des Lösegelds bei sich.

Ein Land in Panik
Die Tat mag retrospektiv amateurhaft und schlecht geplant wirken, in Österreich sorgte sie so kurz nach den Geiselnahmen und Attentaten des "Deutschen Herbstes" für Hysterie. Binder und Gartner machen die damalige Angst, die Gewaltwelle könnte auf Österreich überschwappen, verständlich.

Sie spielen Archivaufnahmen aus der TV-Sendung "Aktenzeichen XY ungelöst" ein und lassen den damaligen Bundeskanzler Bruno Kreisky zu Wort kommen, dessen Einschätzung, dass Österreich eben "keine Insel" sei, nicht nur dem Film den Titel gibt, sondern auch durchaus aktuelle Bezüge hat.

Erste Interviews
"Keine Insel" bleibt abgesehen davon nahe am eigentlichen terroristischen Ereignis. Gratt, Keplinger und Pitsch waren für die Dokumentation erstmals zu Interviews vor der Kamera bereit.

Sie schildern ausführlich ihre politische Entwicklung, die Beweggründe für die Entführung, deren Ablauf und die Umstände der Verhaftung - eine Art "Oral History", die scheinbar harmlos beginnt und zu einem Krimi wird.

1979 wurde Gratt zu 15, Keplinger zu fünf und Pitsch zu sechs Jahren Haft verurteilt. Die Jahre im Gefängnis und die längerfristigen Konsequenzen der Entführung kommen in der Doku allerdings nicht mehr zur Sprache. Ende März 2006, kurz nach Beendigung der Dreharbeiten, nahm sich Gratt in Wien das Leben.

Links: