Schröder poltert gegen Nabucco

Schröder hält das Gerede über Abhängigkeit von Russland für "Quatsch".
Wie abhängig ist Europa von Öl und Gas aus Russland? Zum Auftakt einer großen Energietagung in Fuschl am See kam es gleich zum großen verbalen Kräftemessen. Zur energy 2020 hatte der Verbund Strommanager, Experten und Politiker geladen. Und Deutschlands Ex-Kanzler Gerhard Schröder machte aus seinem Herz für Russland keine Mördergrube.

Es sei "ein ausgemachter Quatsch", über eine Gasabhängigkeit Europas von Russland zu reden - bzw. diese zu kritisieren -, "und real kommt man dann auf Länder wie Nigeria, Libyen, Algerien und den Iran. Bietet das mehr Sicherheit?", so Schröder, der sich kritisch zu der unter Federführung der OMV geplanten Nabucco-Gasleitung äußerte.

Schröder trat am Mittwoch direkt neben OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer auf, der die Kritik praktisch persönlich entgegennehmen durfte.

Verteidiger der Ostsee-Pipeline
Schröder ist in dieser Frage kein Unbeteiligter. Als Aufsichtsratschef der Nord Stream AG vertritt er den Bau der von Polen bekämpften Ostsee-Pipeline.

Über die Nabucco-Pipeline könne Gas nach Europa realistischerweise doch nur aus dem Iran kommen, einem dem Westen bekanntlich nicht sehr zugewandten Land, meinte Schröder.

Scharfe Kritik an Polen
Der polnischen Regierung warf der deutsche Ex-Kanzler wegen deren ablehnender Haltung gegenüber der geplanten Ostsee-Gasleitung eine "haarsträubende Position" vor, mit der Warschau "versucht, die ganze EU in Geiselhaft zu nehmen".

Die EU werde es sich nicht leisten können, ihre Energiepartnerschaft mit Russland durch ein Land torpedieren zu lassen. Die Energieversorgung sei die gemeinsame Aufgabe Europas, es gehe bei der vorgesehenen Ostsee-Pipeline nicht nur um ein russisch-deutsches Projekt.

Bei der Pipeline könnten alle Anrainerstaaten, auch Polen, zu Marktpreisen versorgt werden. Polen sei auch angeboten worden, Gas in umgekehrter Richtung aus Deutschland zu beziehen, sollte es kein Gas aus Russland wollen.

Europa braucht Gas
Da Europa nur über drei Prozent der weltweiten Gasreserven verfüge und die Importe bis 2050 vermutlich von 500 auf 700 Mrd. Kubikmeter jährlich steigen würden, sei eine Diversifikation der Lieferländer und auch der Transportwege wichtig. Die Nord-Stream-Leitung durch die Ostsee, ein Gemeinschaftsprojekt von Gasprom mit Wintershall und E.ON, könne dabei ohnedies maximal 55 Mrd. Kubikmeter im Jahr transportieren.

Schröder: "Das ganze Gerede über eine Konkurrenz für andere Pipelines ist daher falsch."

Die Nabucco-Leitung soll für 4,6 Mrd. Euro errichtet werden und ab 2011 Erdgas aus Vorderasien bzw. der Region Kaspisches Meer über Österreich nach Mitteleuropa bringen. Die multilaterale Projektgesellschaft kommt am Donnerstag in Budapest zusammen.

Gusenbauer für mehr Energieeffizienz
Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) hielt am Mittwoch bei der Eröffnung der energy 2020 ein Plädoyer für mehr Energieeffizienz und Energiesparen.

Die Energiepolitik müsse von Versorgungssicherheit, Wettbewerb und ökologischer Nachhaltigkeit getragen werden, höhere Wirkungsgrade und Sparen stünden in der heimischen Klimaschutzpolitik ganz oben.

Gegen Renaissance der Kernenergie
Die EU sollte sichere und stabile Energiepartnerschaften suchen sowie eine Diversifizierung der Energiebezugsquellen, um die Abhängigkeit von Drittstaaten zu vermindern. Erneuerbare Energien sollten unter Umständen erst dann gefördert werden, wenn andere Bereiche bereits auf mehr Effizienz gebracht seien, so Gusenbauer.

Kernenergie, für die sich zuletzt Frankreich stark gemacht hatte, zähle dezidiert nicht zu den erneuerbaren Energieträgern, betonte der Regierungschef, auch wenn der Druck in diese Richtung in Europa enorm sei: "Eine Renaissance der Kernenergie ist nicht der richtige Weg."

Links: