Nachdem zuvor bereits die Mutter der Vierjährigen, die 39-jährige Kate McCann, durch die portugiesische Polizei zur offiziell Verdächtigen erklärt worden war, laufen seit der Nacht nun auch gegen Gerry McCann, den Vater des Kindes, Ermittlungen.
Stundenlange Befragung in Portugal
Das Ehepaar war seit Donnerstag stundenlang - und getrennt voneinander - von der Kriminalpolizei im portugiesischen Portimao befragt worden.
Kate McCann musste sich laut BBC über 14 Stunden lang den Fragen der Ermittler stellen, ihr Ehemann wurde acht Stunden lang verhört, wie auch sein Anwalt, Carlos Pinto de Abreu, in der Nacht auf Samstag bestätigte.
Mehr als nur "verdächtig"
Eine Sprecherin der Familie berichtete außerdem, dass gegen Madeleines Mutter Ermittlungen aufgenommen worden seien. Das würde bedeuten, dass die Ermittler in der Mutter tatsächlich eine Hauptschuldige in dem Fall sehen.
Noch keine Anklage
Eine Anklage gegen das Ehepaar liegt nicht vor, beide blieben auf freiem Fuß, erklärte der Anwalt weiter. Allerdings muss sich das Paar nun regelmäßig bei den portugiesischen Behörden melden. Laut Sky News könnte allerdings in den nächsten Tagen ein gerichtliches Ausreiseverbot über die McCanns verhängt werden.
Verwandte der McCanns erklärten britischen Medien zufolge, die Ermittler machten die Eltern für einen unabsichtlichen Tod der Vierjährigen verantwortlich.
"Deal" vorgeschlagen?
Der Mutter, Kate, sei bei ihrer Vernehmung ein "Deal" vorgeschlagen worden: Sollte sie gestehen, müsse sie nur für zwei Jahre ins Gefängnis. Von portugiesischer Seite gab es dazu unter Hinweis auf eine Informationssperre keine Angaben.
"Kate weiß, dass es nun sogar möglich ist, dass sie festgenommen wird", sagte Justine McGuinness, eine Sprecherin von Madeleines Eltern. Bisher gab es nur einen offiziellen Verdächtigen in dem Fall: einen 33-jährigen Briten, der in der Nähe des Ferienappartements wohnt, aus dem Madeleine Anfang Mai verschwunden war.
Blutspuren in Mietwagen?
Gegenstand der Vernehmungen war nach Medienberichten unter anderem die Entdeckung von Blutspuren in einem Mietwagen, den die McCanns benutzt hatten. Dieses Blut stamme möglicherweise ebenso von dem Mädchen wie Blutreste in der Ferienwohnung der McCanns.
Eine weitere Sprecherin der McCanns nannte das "völlig unsinnig" und verwies darauf, dass das Paar den Wagen erst drei Wochen nach dem Verschwinden der Tochter angemietet hatte.
Gerry McCann: "Verdacht irrsinnig"
Gerry McCann hatte vor seiner Vernehmung betont, seine Frau sei ebenso wie er völlig unschuldig und zeigte sich schockiert über die Vorwürfe.
"Wir werden das bis zum Ende durchkämpfen", schrieb Madeleines Vater auf der Website der Familie. Seine Frau zu verdächtigen sei "irrsinnig".
Bald vor dem Ermittlungsrichter?
Nun wollten die McCanns Portugal so schnell wie möglich verlassen, wurde Gerry McCanns Schwester Philomena am Samstag in britischen Medien zitiert.
Allerdings fürchteten sie, dass das "wie eine ängstliche Flucht" aussehen könnte. Demgegenüber sagten Freunde des Ehepaares der BBC, die McCanns würden vorerst in Portugal bleiben, um "ihre Ehre wiederherzustellen". In portugiesischen Medien hieß es, das Ärztepaar müsse zu Wochenbeginn vor einem Ermittlungsrichter aussagen. Dieser könne weitere rechtliche Schritte gegen Kate und Gerry McCann anordnen, berichtete die Zeitung "Publico" am Samstag.
Wilde Spekulationen
In Großbritannien war zuletzt erneut über mögliche Verdachtsmomente der Polizei gegen die Eltern von Madeleine spekuliert worden.
So will die Boulevardzeitung "The Sun" erfahren haben, dass Ermittler auch der Vermutung nachgehen, die beiden Ärzte hätten ihrer Tochter versehentlich eine Überdosis Beruhigungsmittel verabreicht und sie dadurch unabsichtlich getötet.
Erst Opfer - nun Verdächtige
Nach dem Verschwinden Madeleines aus einer Ferienanlage an der portugiesischen Algarve-Küste am 3. Mai hatten ihre Eltern eine beispiellose Medienkampagne ins Rollen gebracht. Mehrfach übten sie auch Kritik an der Arbeit der portugiesischen Polizei, in der sie Fortschritte vermissten.
Sie reisten durch europäische Großstädte, um über die Medien immer wieder zur Suche nach ihrer Tochter aufzurufen. In Rom ließen sie ein Bild des Mädchens sogar von Papst Benedikt XVI. segnen.
DNA-Spuren werden untersucht
Zur nunmehrigen Wende in dem Fall hatten laut den portugiesischen Behörden zuletzt auch die Ergebnisse gerichtsmedizinischer Untersuchungen mehrerer Schauplätze geführt, darunter auch des Ferienappartements, aus dem das Kind verschwunden war - angeblich während seine Eltern beim Abendessen waren.
Britische Labors werteten demnach bereits einen Teil der in "Maddies" Zimmer gefundenen DNA-Spuren aus und schickte die Ergebnisse nach Portugal.
"Erhebliche neue Informationen"
Erst knapp drei Monate nach Madeleines Verschwinden hatten die Ermittler mit der Hilfe von auf Leichengeruch abgerichteten Spürhunden und Infrarotlampen Blutspuren in dem Zimmer entdeckt. Sie waren abgewischt worden und mit bloßem Auge nicht mehr zu erkennen.
Über den Befund des britischen Labors wollte sich die Polizei zunächst noch nicht äußern. "Die Ermittler sind mit den Ergebnissen zufrieden", hieß es lediglich.
Die britischen Boulevardblätter "The Sun" und "Daily Mirror" berichteten unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen, die DNA-Spuren hätten "erhebliche" neue Informationen zutage gefördert, die noch in den nächsten Tagen zu Festnahmen führen könnten.
Links:
- BBC
- Sky-News-Artikel
- Daily Mirror
- The Sun
- Publico
- Find Madeleine McCann (Offizielle Website)