Wikipedia warnt Parteien

SPÖ: "Nicht gesteuert". ÖVP: "Keine Anweisung".
SPÖ und ÖVP bestreiten, dass die Eingriffe in das Internet-Lexikon Wikipedia im Auftrag der jeweiligen Parteizentralen erfolgt sein könnten. "Auf keinen Fall ist das von der Bundesgeschäftsstelle aus gesteuert", sagte SPÖ-Sprecherin Catherina Straub gegenüber der APA.

Ähnlich ihr ÖVP-Kollege Gerald Fleischmann: "Es gibt keine Anweisung, den politischen Mitbewerber mit solchen Mitteln schlechtzumachen - weder früher noch heute." Ein Wikipedia-Sprecher rät den Parteien, ihre eigenen Einträge überhaupt nicht zu bearbeiten.

"Kann man nicht ausschließen"
Dass Parteimitarbeiter Wikipedia-Beiträge manipuliert haben könnten, wollten freilich weder SPÖ noch ÖVP ausschließen. "Unser Haus nützt das Internet im Alltag, daher kann man nicht ausschließen, dass in unserem Haus so etwas geschehen ist", sagte Fleischmann. Und: "Wie wir in Zukunft damit umgehen, werden wir jetzt prüfen."

"Sind ja nicht die Oberzensoren"
Seitens der SPÖ bestätigte Straub zwar, dass die fragliche IP-Adresse der SPÖ-Zentrale zuzurechnen ist. An den entsprechenden Servern würden jedoch nicht nur die Mitarbeiter der Parteizentrale hängen, sondern auch Funktionäre in den Ländern und in den Nebenorganisationen.

Es sei natürlich nicht auszuschließen, dass einzelne Mitarbeiter Teil der Wikipedia-Community seien und dort Einträge bearbeiteten. Aber um eine konzertierte Aktion handle es sich dabei nicht, betonte die SPÖ-Sprecherin: "Von uns aus passiert das nicht. Wir sind ja nicht die Oberzensoren im Web."

"Sie sind nicht anonym im Netz"
Wikipedia-Sprecher Matthias Schindler rät politischen Parteien grundsätzlich davon ab, ihre eigenen Wikipedia-Artikel zu bearbeiten. "Auch ohne bösen Willen zu unterstellen, ist es für viele Menschen schwer, sachlich über sich selbst zu berichten", so Schindler gegenüber der APA.

"Was wir Parteien und allen beteiligten Personen seit Jahren sagen: Sie sind nicht anonym im Netz. Ihre Änderungen fallen auf Sie zurück, und das ist im Zweifelsfall ein viel größerer Glaubwürdigkeitsschaden für eine Person oder eine Partei", warnt Schindler.

Kein "blindes Vertrauen" in Wikipedia
Ein Glaubwürdigkeitsproblem für Wikipedia selbst sieht Schindler nicht und verweist darauf, dass offensichtlich manipulierte Einträge häufig schnell wieder von anderen Usern gelöscht würden. Die "Verweildauer des Unfugs" im Online-Lexikon sei daher erfahrungsgemäß relativ gering.

Außerdem sei ein "blindes Vertrauen" in Wikipedia ohnehin nicht sinnvoll. Jede Art von Enzyklopädie könne nämlich nur "ein erster Startpunkt einer Recherche" sein. "Um Wikipedia nützlich zu finden, muss ich Wikipedia nicht vertrauen", so Schindler.

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