Die umstrittene Pornokartei

Harte Strafen für Produzenten geplant.
Nach einer Sexstraftäterdatenbank im Internet will das US-Justizministerium jetzt eine offizielle Liste aller in den USA tätigen Pornodarsteller erstellen.

Offiziell soll die Liste entstehen, um den Jugendschutz zu gewährleisten, doch die US-Pornoindustrie ortet eine Schikane vonseiten der konservativen Regierung. Produzenten, die nicht kooperieren, droht im schlimmsten Fall eine fünfjährige Haftstrafe.

Niemand bleibt anonym
Der Entwurf soll Teil des kürzlich abgesegneten "Adam Walsh Child Safety and Protection Act" werden, der auch die rechtliche Grundlage für die im Internet öffentlich abrufbare Sexstraftäterdatenbank ist, berichtet die "New York Post".

"Es ist unbedingt notwendig, die Identität aller Darsteller zu erfassen, um sicherzustellen, dass kein Darsteller minderjährig ist", heißt es in dem Entwurfstext.

Produzenten müssen Karteien führen
Schon jetzt müssen Produzenten von Adult Entertainment, wie sich die Branche selbst nennt, Karteien ihrer Darsteller führen, in denen deren Alter festgehalten wird.

Die neuen Regeln gehen aber um einiges weiter: Von allen Pornodarstellern sollen Fotos, aktuelle und früher verwendete Künstlernamen und Spitznamen, bürgerliche Namen und Geburtsdaten festgehalten werden.

Kein Durchsuchungsbefehl notwendig
Die Pornoproduzenten müssen außerdem die Namen der Videos, Printprodukte und Websites und die Adresse ihres Firmensitzes bekanntgeben.

Beamte der Sektion für Ausbeutung von Kindern und Unzucht im US-Justizministerium sollen in Zukunft außerdem ohne Durchsuchungsbefehl die Büroräume von Produktionsfirmen betreten und Einsicht in die Unterlagen nehmen dürfen.

Minderjährige besser geschützt
Die neuen Regeln würden "Kinder besser davor schützen, bei der Produktion von expliziten sexuellen Darstellungen ausgebeutet zu werden", heißt es in dem Entwurf.

Es solle gewährleistet werden, dass keine Jugendlichen unter 18 an pornografischen Produktionen mitarbeiten. "Für die Industrie ergeben sich daraus leicht höhere Aufzeichnungskosten."

Angst vor Schikane
Das sehen die Produzenten naturgemäß anders. Die Free Speech Coalition, eine Lobbying-Organisation der US-Pornofilmindustrie, ortet eine Verletzung des Ersten Verfassungszusatzes, der unter anderem die Redefreiheit sichert.

Staranwalt Paul Cambria, der unter anderem Larry Flynts Pornoimperium Hustler vertritt, aber auch schon für Popstars wie Marilyn Manson vor Gericht stand, hat noch schlimmere Befürchtungen: Er glaubt, in Wahrheit würden die neuen Regeln dazu verwendet werden, um völlig legal arbeitende Filmproduzenten zu schikanieren.

Berühmt-berüchtigte Liste
"Wenn sie dich nicht wegen Obszönität drankriegen können, dann eben wegen Verletzung der Aufzeichnungsbestimmungen", sagte Cambria der "New York Post". Damit verbunden ist eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren.

Cambria ist in der Branche kein Unbekannter: Er hat schon vor Jahren die "Cambria-Liste" erstellt, eine Empfehlung an Filmproduzenten, bestimmte Sexualpraktiken zu vermeiden, die offizielle Sittenwächter auf den Plan rufen könnten.

5.000 Unternehmen betroffen
"Die Adult-Entertainment-Industrie steht seit Jahren von der Regierung unter Beschuss", schreibt die Free Speech Coalition auf ihrer Website.

Laut US-Justizministerium sind von der neuen Regelung, sollte sie beschlossen werden, 500.000 Websites, 5.000 Unternehmen und 200 DVD-Manufakturen betroffen. Noch bis Mitte September können Betroffene Einspruch gegen den Entwurf einlegen. Das Ministerium entscheidet dann über etwaige berechtigte Änderungen, bevor die neuen Regeln tatsächlich in Kraft treten.

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