Legendäres Slapstick-Duo

Gemeinsam mit seinem Partner Stan Laurel schrieb Oliver Hardy Filmgeschichte.
Oliver Hardys Blick in die Kamera, wenn ihn sein Partner Stan Laurel einmal wieder mit Mehl überschüttete, mit dem Besenstiel ins Auge stach oder seinen Anzug mit Abwaschwasser übergoss, ist legendär: tiefste Verzweiflung, Fassungslosigkeit und Wut über die Dummheit seines Freundes, gewürzt mit einem Hauch von Resignation, die man fast körperlich spüren kann.

Als weltweit wohl populärstes Komikerduo - im deutschsprachigen Raum unter dem abwertenden Namen Dick und Doof bekannt - waren die beiden in den 20er und 30er Jahren unschlagbar. Am Dienstag vor 50 Jahren starb mit Hardy einer der talentiertesten Komiker der Filmgeschichte.

Der beste Golfer Hollywoods
Hardys legendärer Blick war keine pure Schauspielkunst. Laurel, Regisseur und Drehbuchautor von mehr als hundert gemeinsamen Produktionen, hatte einen raffinierten Trick auf Lager, um Hardy "in Stimmung" zu bringen.

Er legte den Drehtermin für den Blick oft auf kurz vor drei Uhr nachmittags - da hatte Hardy eigentlich Feierabend und konnte es kaum mehr erwarten, auf den Golfplatz zu kommen. Der Frust im Blick war deshalb echt. Schließlich hatte Hardy seinen Ruf als bester Golfer Hollywoods zu verlieren.

Fasziniert von bewegten Bildern
Eigentlich wollte der musikalisch begabte Hardy, der 1892 in Harlem im US-Bundesstaat Georgia geboren wurde, Sänger werden. In Atlanta schulte er in Gesangsstunden seine beachtliche Tenorstimme.

Allerdings schwänzte er ständig den Unterricht, um in einem Stummfilmkino Werbesprüche zu singen. Die bewegten Bilder faszinierten ihn, und als 18-Jähriger eröffnete er das erste Filmtheater in seiner kleinen Heimatstadt Milledgeville.

Bösewicht "Babe"
Bald aber stellte Hardy fest, dass er sich lieber selbst auf der Leinwand sehen wollte. Er ging nach Jacksonville in Florida, wo es einige Filmstudios gab, und erhielt mehrere kleine Rollen. Das war nicht immer leicht, denn Hardy war 1,86 Meter groß und wog fast 150 Kilo.

Meistens wurde er als Bösewicht oder komische Figur eingesetzt. Wegen seines rundlichen Kindergesichts verpassten ihm Kollegen den Spitznamen "Babe".

"Haben wie von selbst zusammengefunden"
1918 zog Hardy nach Kalifornien und spielte in zahlreichen Kurzfilmen mit. In seinem ersten Jahr in Hollywood spielte er in dem Film "Lucky Dog" gemeinsam mit Stan Laurel, aber es sollte noch acht Jahre dauern, bis die beiden als festes Team arbeiteten.

1926 kam Hardy beim Studio des Regisseurs und Produzenten Hal Roach unter Vertrag, wo auch Laurel arbeitete. Von nun an spielten sie häufig gemeinsam. Ein Jahr später waren die beiden ein Team, ihre Figuren bis hin zur Kleidung festgelegt. "Irgendwie haben wir wie von selbst zusammengefunden", sagte Laurel einmal, der auch privat mit Hardy befreundet war.

Gerechtigkeit siegt
Fans liebten das ungleiche Paar: In scheinbar unendlichen Variationen gelang es dem schmächtigen Laurel immer wieder, Situationen heraufzubeschwören, in denen sich die Würde des beleibten Hardy im Klamauk einer Slapstick-Szene auflöste. In fast jedem Film hatte Hardy unter den Missverständnissen, Ungerechtigkeiten und Absurditäten seiner Umwelt zu leiden.

Gemeinheiten blieben aber nie ungestraft: Laurel und Hardy besaßen einen "fast kindlichen Gerechtigkeitssinn", wie Filmhistoriker Georg Seeßlen betont. "Sie waren keine Vandalen", schrieb jüngst auch die "Welt", "sondern befolgten in jeder Rauferei und Zerstörungsorgie die Regeln der Zivilisation."

Die zweite Geige?
Ein bisschen fühlte sich Hardy immer als zweite Geige hinter dem kreativeren Laurel. "Ollie glaubte, er wirke gar nicht lustig und diene nur dazu, Stan noch komischer aussehen zu lassen", sagte seine Witwe Lucille einmal.

Laurel spielte stets eine große Rolle am Set, führte oft Regie und schrieb ganze Drehbuchpassagen um. Hardy galt hingegen als der bessere Schauspieler und improvisierte gern. "Die Gags richtig zu spielen, ist eine Arbeit, die schon schwer genug ist", sagte er, "vor allem, wenn man dabei so oft hinfallen muss wie ich. Ich denke, ich habe mir mein Geld wirklich verdient."

Auch im Tonfilm erfolgreich
1929 gelang dem Duo - fast als einzigen Stummfilmkomikern neben Charlie Chaplin - der Übergang zum Tonfilm. Das lag wohl nicht nur daran, dass die beiden Stimmen - das snobistische Südstaaten-Geknurre von Hardy, der flache, leicht schrille britische Akzent von Laurel - perfekt zu den Charakteren passten.

Laurel und Hardy hatten auch ihre Art der Komik so perfektioniert, dass sie diese Zeitenwende überstand. Aus dem High-Speed-Slapstick der Keystone Cops hatten sie das Tempo herausgenommen, um die Dramaturgie zu steigern.

Eine Idee, etliche Gags
Außerdem hatten sie sich aufs "Milking" spezialisiert, die Fähigkeit, eine eigentlich simple Idee als Ausgangsbasis für ein komplexes Pointenfeuerwerk, das oft aus der Improvisation heraus entstand, zu nützen.

Typisch war auch, dass Stan-und-Ollie-Gags oft surrealer waren als die von anderen Komikern. Laurel, dessen Leinwandpersönlichkeit als naiv und weltfremd angelegt war, konnte etwa Zigaretten mit einem Fingerschnippen anzünden.

Oscar für "Klaviertransport"
Auf der Höhe ihrer Popularität wurden beide 1932 mit einem Oscar für "The Music Box" ("Der zermürbende Klaviertransport") ausgezeichnet, in dem sie die humoristischen Möglichkeiten ausloteten, ein Klavier über eine schier endlos scheinende Treppe hinaufzuhieven.

Als die Zeit der reinen Slapstick-Filme Mitte der 40er Jahre in Hollywood vorerst vorbei war, traten Laurel und Hardy als Bühnenkomiker in England auf, wo sie weiterhin beliebt waren. Hardy starb 1957 im Alter von 65 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls.

Zwei Filme online
Zwei Arbeiten von Laurel und Hardy können legal aus dem Internet Archive heruntergeladen werden: der Slapstick-Streifen "The Flying Deuces" ("Laurel & Hardy - In der Fremdenlegion") und der letzte gemeinsame Film des Duos, "Atoll K"/"Utopia" aus dem Jahr 1951.

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