Offen ist nicht zuletzt die Finanzierung der 100 Mio. Euro an Zusatzkosten für die Bundesländer. Uneinigkeit gibt es auch noch bei der Verwertung des Vermögens, den "One-Stop-Shops" beim AMS, den Kinderrichtsätzen sowie dem Verfahren selbst.
Auch das angepeilte Inkrafttreten mit 1. Jänner 2009 ist nicht ganz sicher. Das sagte Sozialminister Erwin Buchinger (SPÖ) in einer Pressekonferenz am Donnerstag.
Worüber Klarheit herrscht
Das Gesamtpakt der bedarfsorientierten Mindestsicherung beinhaltet die bereits beschlossene Erhöhung des Ausgleichszulagenrichtsatzes auf 726 Euro (Mindestpension), das von den Sozialpartnern bereits ausgearbeitete Modell zu einem Bruttomindestlohn von 1.000 Euro, eine Vereinheitlichung und Pauschalierung der Sozialhilfe, die Einbeziehung nicht krankenversicherter Sozialhilfeempfänger in die Krankenversicherung, den Ausbau mindestsichernder Elemente im Arbeitslosenversicherungsgesetz (Anhebung der Nettoersatzrate und großzügigere Anrechnungsbestimmungen von Partnereinkommen bei Notstandshilfeempfängern) und die Einführung eines "One-Stop-Shops" beim AMS.
Wie viele Menschen betroffen sind
Im Jahr 2005 haben rund 126.000 Personen Sozialhilfe bezogen. Die Ausgaben betrugen 484 Mio. Euro. Inklusive der 54.000 Sozialhilfeempfänger, die in Altenwohn- und Pflegeheimen versorgt wurden, wurden 2005 rund 180.000 Menschen von der Sozialhilfe unterstützt.
Die Ausgaben der Länder für Leistungen der Sozialhilfe (allgemeine Sozialhilfe, Altenwohn- und Pflegeheime, soziale Dienste, Flüchtlinge und sonstige) lagen bei 2,2 Mrd. Euro, mit Pflegegeld und Behindertenhilfe waren es 3,3 Mrd. Euro.
Vereinheitlichung der Sozialhilfe
Mit der Mindestsicherung sollen nun die Sozialhilfeleistungen bundesweit vereinheitlicht werden. Buchinger betonte, dass es sich bei der Mindestsicherung nicht um ein bedingungsloses Grundeinkommen handle.
Der Einsatz der eigenen Arbeitskraft sei eine wesentliche Voraussetzung für den Bezug, wobei Arbeitsfähigkeit und Zumutbarkeit erhoben würden. Bei Weigerung sollen die Betroffenen 50 Prozent der Leistung verlieren.
Abschläge wegen Eigentumswohnung
Fahrzeuge, die berufs- oder behindertenbedingt oder mangels entsprechender Infrastruktur benötigt werden, sollen nicht verwertet werden. Eine Eigentumswohnung wird nicht einbezogen, den Beziehern werden aber 12,5 Prozent der Leistung als fiktive Miete abgezogen.
Uneinigkeit gibt es mit den Ländern laut Buchinger darüber, ob es bei längerer Bezugsdauer eine Vormerkung im Grundbuch geben soll. Der Sozialminister lehnt das ab. Personen, die etwa bei den Eltern wohnen, bekommen 25 Prozent weniger.
726 Euro brutto 14-mal im Jahr
Die Höhe der Mindestsicherung bemisst sich am Ausgleichszulagenrichtsatz, der als Bezugsgröße der Armutsgefährdungsgrenze gilt. Demnach bekommen alleinstehende Personen 726 Euro brutto 14-mal im Jahr. Das entspricht abzüglich Sozialversicherungsbeiträgen einer Nettoleistung von 690 Euro.
Personen, die in einer Partnerschaft leben, bekommen 75 Prozent bzw. 517,50 Euro netto. Die Höhe der Kinderrichtsätze ist noch in Diskussion. Sozialminister Buchinger sprach am Donnerstag von 120 bis 130 Euro.
Kostenersatz noch offen
Noch offen ist auch die Frage des Kostenersatzes. Konsens gibt es darüber, dass bei einem nachträglichen Vermögenszuwachs keine Rückzahlungen gefordert werden.
Beibehalten wird der Kostenersatz bei rechtlich legitimierten Ansprüchen gegenüber Dritten (z. B. Sozialversicherungsansprüche) sowie bei Eltern für die Leistung an ihre minderjährigen Kinder und bei unterhaltspflichtigen Ehegatten.
Offen ist, ob die Pflicht zum Kostenersatz gegenüber anderen unterhaltspflichtigen Angehörigen (Kinder für Eltern oder Eltern für volljährige Kinder, Anm.) entfallen wird. Buchinger tritt dafür ein, dass diese entfällt.
Erster Schritt kostet 300 Mio. Euro
Für die Umsetzung der Mindestsicherung werden in einem ersten Schritt rund 300 Mio. Euro aufgewendet. Der erste Teil (118 Mio. Euro) betrifft die Erhöhung des Ausgleichszulagenrichtsatzes.
Im Bereich der Notstandshilfe kommen weitere 80 Mio. Euro dazu, für die Länder entstehen Mehrkosten von 100 Mio. Euro. Wie diese finanziert werden, ist noch offen. Die Länder wollen diese Kosten jedenfalls bei den Finanzausgleichsverhandlungen berücksichtigt wissen. Die Wünsche bewegen sich laut Buchinger dabei "zwischen null und hundert".
Zahlen über den zu erwartenden Anstieg der Bezieher gibt es nicht. Buchinger rechnet mit zehn bis 20 Prozent.
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