140.000 Euro pro Anwalt

Richard Soyer als Pflichtverteidiger von Weninger.
Auf die Angeklagten im BAWAG-Prozess könnten hohe Anwaltskosten zukommen: Gemäß den allgemeinen Honorarkriterien der Anwaltskammer kostet ein Sechsstundentag vor Gericht 3.600 Euro inklusive Mehrwehrtsteuer.

Hochgerechnet auf die derzeit geplanten 40 Prozesstage wären das pro Anwalt rund 140.000 Euro, wie das Ö1-Mittagsjournal am Samstag berichtete. Allerdings können die Anwälte auch niedrigere Stundensätze verrechnen.

Staat schießt 2.500 Euro zu
Im Fall eines Freispruchs gibt es jedoch einen Erfolgszuschlag von 50 Prozent der Prozesskosten. Vergleichsweise niedrig ist der staatliche Teilersatz der Verteidigerkosten im Fall eines Freispruchs: Er ist dem Bericht zufolge mit 2.500 Euro gedeckelt.

Weninger "kann sich das nicht leisten"
Einer der Angeklagten kann sich die enormen Anwaltskosten offenbar nicht leisten: der frühere BAWAG-Aufsichtsratspräsident und ÖGB-Finanzchef Günter Weninger. Er wird im Prozess von einem Pflichtverteidiger vertreten.

"Weninger konnte dem Gericht plausibel machen, dass er sich diese Kosten nicht leisten kann", sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Gerhard Jarosch, im Mittagsjournal.

Prominenter Pflichtverteidiger
Allerdings wird Weninger nicht von "irgendeinem" Pflichtverteidiger vertreten. Sein Anwalt Richard Soyer habe sich bereit erklärt, seinem Klienten als Verfahrenshilfe-Verteidiger zur Verfügung zu stehen.

Weningers Vermögen
Zu Prozessbeginn gab Weninger zu seinen Familien- und Vermögensverhältnissen Auskunft: Er sei seit 1964 verheiratet und habe drei Kinder. Für eine Tochter müsse er finanziell sorgen, da sie selber drei Kinder habe und ihr Gatte einen Schlaganfall erlitten habe.

Er habe in einer Genossenschaftswohnung gewohnt und bis 1990 mit seiner Frau ein Einfamilienhaus gebaut, das etwa 180.000 bis 200.000 Euro wert sei.

"20.000 Euro brutto"
Seinen Verdienst als BAWAG-Aufsichtsratspräsident bezifferte Weninger mit 20.000 Schilling brutto zu Beginn der Tätigkeit. Das ÖGB-Gehalt von damals 40.000 Schilling sei ihm weiterbezahlt worden. Als ÖGB-Präsidiumsmitglied habe er 1.700 Euro brutto erhalten.

Für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der ÖGB-Vermögensverwaltung habe er kein Einkommen erhalten. In der BAWAG-Tochter easybank habe er als Aufsichtsrat ohne Entgelt fungiert. Als Aufsichtsrat der BAWAG-Versicherung habe er jährlich 1.800 Euro erhalten.

Bei der ÖGB-Beteiligungsgesellschaft Pontes habe er als Aufsichtsrat 1.700 Euro jährlich erhalten. In den Lotterien habe er seit 2001 als Betriebsausschussmitglied und Aufsichtsratsvorsitzender-Stellvertreter ein Jahreseinkommen von 25.000 Euro brutto verdient.

"Intellektuell nicht gewachsen"
Weninger ist jedenfalls ein Sonderfall unter den Angeklagten. Ihm wird nicht nur falsches Verhalten vorgeworfen.

In der Angklageschrift heißt es: "Der Vorsitzende des Aufsichtsrats war seinem Amt intellektuell und fachlich wohl nur zum Teil gewachsen. Als Leiter der Kontrolle über (Helmut, Anm.) Elsner und Dkfm. (Johannes, Anm.) Zwettler konnte er nicht mit Erfolg fungieren", denn ihm habe das spezielle Wissen gefehlt, heißt es dort.

Studium abgebrochen
Weninger schilderte auf Befragung durch Richterin Claudia Bandion-Ortner seinen beruflichen Werdegang: Nach einer Installateurlehre war er bereits ab dem 20. Lebensjahr hauptberuflich für die Gewerkschaft tätig, und zwar als Jugendsekretär. Nach der Externistenmatura im Jahr 1969 habe er ein Betriebswirtschaftsstudium begonnen, aber 1975 abgebrochen.

Schon im Studium habe er sich mit dem Aktiengesetz beschäftigt, als er Aufsichtsratsvorsitzender der BAWAG wurde, habe er das Aktiengesetz erneut studiert. Auch der Paragraf 255 AktG (Bilanzfälschung), nach dem er nun angeklagt ist, sei ihm bekannt gewesen.

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