Reime wie diese sorgen derzeit in der deutschen Musikszene für Aufsehen: Lifestyle- und Boulevardmagazine, Feuilletonautoren und Hip-Hop-Fans rätseln, wer hinter einer mysteriösen Hip-Hop-Band steckt, die sich als "reiche" Antwort auf Gangsta-Rap a la Bushido versteht.
"Genug mit Problem-Rap"
Die Band nennt sich Die Stehkrägen, ihr erster Song heißt "Deine Armut kotzt mich an", und das erste Album mit Songs wie "Kaviar für Somalia" und "Weiße Nacht auf der Yacht" soll im Herbst erscheinen.
Ihr Motto: "Genug mit Getto- und Hartz-IV-Problem-Rap, jetzt kommt der exklusive Einblick in die wunderbare Welt der Reichen und Schönen aus dem Münchner Süden."
"Grünwald Posse rules"
Es scheint offensichtlich: Die Stehkrägen sind als Satire sowohl auf die bemüht "bösen" Berliner Möchtegern-Gangster Sido und Bushido als auch auf die junge Münchner Schickeria gedacht.
Das Sido-Label Aggro Berlin wird bei den Stehkrägen als Aggro Grünwald verballhornt, in Anspielung auf das gleichnamige Wohlstandsviertel: "Lebst Du nicht im Münchner Süden wie die Schönen und die Reichen? Grünwald Posse rules und kann jeden Scheck begleichen!"
Mit Gucci-Brillen vorm HD-Monitor
Im Internet begrüßt Aggro Grünwald die Besucher mit dem Hinweis "Website best viewed with a resolution of 1680 x 1050 and Gucci glasses". Die Bandmitglieder nennen sich unter anderem Yachtmeister und MC Erbgraf. Und in ihren Biografien wird munter drauflosfabuliert.
"Yachtmeister, eigentlich Bastian T. Reutersberg, gönnte sich nach seinem Abitur an der Munich International School eine Auszeit auf Marbella", heißt es da, und Sängerin La Crosse habe die Label-Bosse mit "ihrem 5er-BMW, einer goldenen Stimme und dem Charme eines Swarovski-Diamanten" überzeugt.
MC Erbgraf sei im echten Leben "Constantin Kress zu Krassnstein-Seyn", und: "Dem kulturell bewanderten Cosmopoliten ist es wichtig, fernab vom Mainstream auch die Golfplätze anderer Kulturen kennen zu lernen."
Radio-Satiriker
Ihre wahren Identitäten geben die Stehkrägen-Kunstfiguren auch in Interviews nie preis, doch inzwischen scheint klar, dass es sich bei MC Erbgraf, Yachtmeister und Co. um die Komiker einer Münchner Radio-Satiresendung handelt.
Die "Süddeutsche Zeitung" ("SZ") will jetzt allerdings die "Hintermänner" des Projekts herausgefunden haben: Jungspunde aus dem Habsburger- und aus dem Wittelsbacher-Klan.
Adelige AG
Aggro-gruenwald.de, der Internet-Auftritt der Reichen-Rapper, ist auf die Starnberger Aktiengesellschaft Levitian AG registriert - und dort sitzen laut "SZ" unter anderen Ludwig von Bayern, der Sohn des Brauereibesitzers Luitpold Prinz von Bayern, und Severin Meister, der Enkel Otto Habsburgs, im Vorstand.
"Nur technischer Dienstleister"
Die Levitian AG reagierte mit dem Hinweis, sie sei "nur technischer Dienstleister" der Website. Weitere Verbindungen bestünden nicht. Die "SZ" hingegen ortet eine "Casting-Band mit mächtigen Hintermännern" und beruft sich auf das Levitian-Vorstandsmitglied Andreas Oberländer, dem zu entlocken war, "dass die Firma gemeinsam hinter dem Projekt steht".
Wenn die völlig überzogenen Kunstfiguren also über Segelyachten, fette BMWs, Klassenunterschiede ("Für dich ist Polo nur ein Auto, für mich ist es Sport") und das Gestüt rappen, das sie von den Eltern zum 18. Geburtstag geschenkt bekommen haben, ist das womöglich realer, als man vermuten möchte.
"Könnte auch kellnern gehen"
Als Kopf hinter dem Projekt gilt der 25-jährige Levitian-Vorstand Philipp Walulis. Er spielt gegenüber der "SZ" allerdings seine Rolle weiter.
Er habe nur die Website der Band gestaltet, für einen Hungerlohn: "Jeder kleine Depp produziert doch heute Webseiten, ich könnte stattdessen auch kellnern gehen"; und die AG hätten er und seine Freunde nur gegründet, um "an Metro-Großmarktkarten ranzukommen".
Album "Aus gutem Haus" geplant
Wer also sind die Stehkrägen? Was wollen sie? Und ist das vorgeblich satirische Projekt realer, als man vermuten möchte? Vielleicht wird sich das Rätsel bis zur Veröffentlichung des angeblich geplanten Albums namens "Aus gutem Haus" aufklären. Bis dahin muss man den Stehkrägen zumindest zugestehen, gute und durchaus unterhaltsame Selbstvermarktung zu betreiben.
Mehr Geld, andere Werte
Der Berliner "tageszeitung" sagte Stehkrägen-Rapper Goldmann X., die Zielgruppe von Sido & Co. sei zwar größer, "aber unsere hat mehr Geld": "Die Kaufkraft unserer Fans übertrifft die der Aggro-Berlin-Fans mit Sicherheit um ein Zehnfaches. Es ist aber doch auch was Schönes, Hip-Hop-Kultur mal vom anderen Ende der Werteskala aus zu machen."
Von welchen Werten er spricht? "Aktien, Geld, Grundbesitz, Rendite, Opulenz. Das ist doch eine sehr schöne Sache."
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