Sonderklausel von 1994

Kontroverse über Kompromiss von Ioannina.
Der Ioannina-Mechanismus zählt in der EU zu den Möglichkeiten, Rücksicht auf Minderheitenpositionen bei Abstimmungen zu nehmen.

Er wurde nach einem griechischen Badeort benannt, im dem die damaligen EU-Außenminister 1994 diese Sonderklausel einführten - damals um den Übergang in das Nizza-Abstimmungsverfahren (2003) zu erleichtern.

Wenn Mitgliedsstaaten nur knapp eine Sperrminorität verfehlen und von der Mehrheit überstimmt werden, soll es die Möglichkeit geben, über das Problem noch einmal zu beraten.

Vier Länder haben Sperrminorität
Die Klausel geht von der im Verfassungsvertrag ebenfalls vorgesehenen Sperrminorität von mindestens vier Ländern aus, die einen Mehrheitsbeschluss blockieren können.

Die Regierungen müssen sich erneut mit der Entscheidung beschäftigen, wenn drei Viertel der Mitgliedsstaaten, die schon für die Bildung einer Sperrminorität erforderlich sind, das verlangen.

Drei Viertel der Bevölkerung reichen
Alternativ können eine neue Diskussion aber auch Länder erzwingen, die gemeinsam so stark sind, dass sie drei Viertel der Bevölkerung vertreten, die für die Bildung einer Sperrminorität erforderlich sind.

Auch im gescheiterten Verfassungsvertrag waren der Ioannina-Mechanismus und andere Schutzklauseln für den Übergang beim Abstimmungsverfahren vom bisherigen Nizza-Modell in die Stimmengewichtung der doppelten Mehrheit nach Anzahl der Staaten (55 Prozent) und der Bevölkerungsgröße (65 Prozent) vorgesehen.

Polen erwirkte Aufschub
Mit Rücksicht auf Polen wurde das Abstimmungsverfahren beim EU-Gipfel im Juni dahingehend geändert, dass das Prinzip der doppelten Mehrheit erst ab 2014 mit einer Übergangsfrist bis 2017 eingeführt wird. Danach erfordern EU-Beschlüsse eine Mehrheit von 55 Prozent der Staaten, die 65 Prozent der Bevölkerung auf sich vereinen.

Polen hatte beim Gipfel unter anderem die Wiederbelebung des Kompromisses von Ioannina erreicht: Für den Fall, dass EU-Ratsmitglieder eine Mehrheitsentscheidung ablehnen und eine entsprechende Sperrminorität zu Stande bringen, muss der Rat alles daransetzen, um innerhalb einer angemessenen Frist zu einer zufrieden stellenden Lösung zu kommen.

Maximal vier Monate
EU-Angaben zufolge ist das dem beim Gipfel zu Stande gekommenen Kompromiss zufolge aber nur bis zu vier Monate möglich.

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