Skandal um Krebs-"Wunderheiler"

Leodolter-Brief: Offensive Strategie als "Überlebensfrage".
Ein Medizinskandal erschüttert derzeit die Glaubwürdigkeit zweier prominenter Ärzte in Österreich.

Johannes Huber, Chef der Klinischen Abteilung für Endokrinologie an der Wiener Universitätsklinik für Frauenheilkunde, und Sepp Leodolter, Leiter der Klinischen Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, waren zuletzt prominent in einem Artikel des Magazins "News" als Entwickler einer neuen, angeblich wirksamen Krebstherapie aufgetreten.

Brisanter Brief
Die Kollegenschaft hat jedoch massive Zweifel sowohl an der Neuheit als auch an der Wirksamkeit der neuen "Wunderwaffe". Recherchen der ORF-Sendung "Konkret" vom Montag ergaben zudem, dass Leodolter Gesellschafter jener Firma ist, die die Therapie anbietet.

Finanzprobleme der Firma werden dementiert. Konkret" liegt allerdings ein Schreiben von Leodolter vor, in dem von einer "Gefahr einer Liquidation" die Rede ist.

Impfstoff für 14.000 Euro
Das Kremser Biotech-Unternehmen Cellmed Research GmbH hatte einen Impfstoff entwickelt - Therapiekosten 14.000 Euro. Er soll die Immunantwort der Patienten gegen Krebs verstärken. Doch die üblichen klinischen Studien gibt es dafür offenbar noch nicht. Stattdessen wurden euphorische Patientenstatements zitiert.

An den Wiener Universitätskliniken sowie am AKH toben seither heftige Kontroversen. Zahlreiche Patienten hatten sich gemeldet.

AKH warnt Patienten
Das Wiener AKH und der Rektor der Wiener Medizinischen Universität, Wolfgang Schütz, distanzierten sich darauf in einem Patientenbrief, der auch an alle wissenschaftlichen Mitarbeiter der Uni-Kliniken ging, von den Versuchen, "Zelltherapie" als für Patienten kaufbare "neue Waffen gegen den Krebs" anzupreisen.

Offensive Promotion als "Überlebensfrage"
In dem nun "Konkret" vorliegenden Brief Leodolters heißt es: "Auf Grund verschiedener Anlaufschwierigkeiten besteht nun tatsächlich die Gefahr einer Liquidation der Firma, was für uns und unsere Investoren naturgemäß (neben der finanziellen Einbuße) auch aus wissenschaftlichen Überlegungen äußerst bedauerlich wäre. Eine (möglich) andere Strategie ist, durch eine (ich gebe zu sehr 'offensive') Promotion weitere Investoren an Bord zu holen, um das 'Überleben' unserer gemeinsamen Idee zu ermöglichen."

Zum Abschluss erlaube er sich festzuhalten, "dass diese offensive Strategie für mich, alles andere als angenehm ist, sie ist jedoch eine 'Überlebensfrage'".

"Erhöhtes Risiko"
Bei den "Konkret"-Recherchen beim Kreditschutzverband bestätigte sich außerdem, dass die Firma Cell Danube Research GmbH - aus der Cellmed Research vor rund neun Monaten hervorging - mit Finanzproblemen zu kämpfen hat.

Laut Auszug Ende 2006 bestand bei Investitionen ein "erhöhtes Risiko". Die Beurteilung des Kreditschutzverbandes fiel "deutlich schlechter aus als der Branchendurchschnitt".

Leodolter und Firmensprecher dementieren Pleitegefahr
Leodolter will von finanziellen Problemen bei Cellmed Research allerdings nichts wissen und dementiert: Diese Behauptung sei "völlig aus der Luft gegriffen", versicherte er der APA. Auch "Cellmed"-Sprecher Nils Maydell weist die Darstellung zurück.

Den mit 12. Juni datierten Brief, der dem ORF vorliegt und in dem von einer "Gefahr der Liquidation" die Rede ist, bestätigt Leodolter dennoch. Der Brief sei geschrieben worden, um bei vier Ärztekollegen um Verständnis für ein wissenschaftliches Symposion und eine Promotion für die "Cellmed Research" zu werben.

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