Sterberisiko um 13 Prozent höher

Wiener Forscher verglichen erstmals Todesstatistiken mit Temperaturdaten.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat erst
kürzlich ein dramatisches Zukunftsszenario für die Folgen des globalen Klimawandels gezeichnet.

Wetterextreme und Hitzewellen würden in den kommenden Jahren weltweit die Gesundheit von Millionen Menschen bedrohen. 35.000 Hitzetote im Rekordsommer 2003 in Europa seien dafür ein erstes Alarmsignal gewesen.

130 Hitzetote im Sommer 2003
Glaubt man einer Studie von Ende Mai aus Wien, dann ist auch Österreich nicht mehr von dieser Entwicklung verschont - im Gegenteil: Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass während des Hitzesommers vor vier Jahren allein in der Bundeshauptstadt zumindest 130 Menschen an den Folgen der hohen Temperaturen starben.

Die Ergebnisse ihrer Untersuchung veröffentlichten die Forscher in der "Wiener Klinischen Wochenschrift". Umgelegt auf die österreichische Gesamtbevölkerung bedeuten ihre Berechnungen aus Wien über 660 (hypothetische) Todesopfer landesweit.

Um 13 Prozent mehr Todesfälle als sonst
Wegen der brütenden Hitze im Juli und August 2003 rechnete man damals in Frankreich mit bis zu 5.000 zusätzlichen Todesfällen, in Italien mit bis 20.000.

Und auch Österreich war offenbar betroffen: "In den letzten 35 Jahren stieg die durchschnittliche Temperatur (Mai bis September) in Wien um über 1,7 Grad Celsius. Im Jahr 2003 zeigte sich eine Zunahme der Hitzetage auf insgesamt 44 (1998: 18, 1999: 3, 2000: 13, 2001: 9, 2002: 12, 2003: 44, 2004: 4, Anm.), die mit einer erhöhten Anzahl von Todesfällen einhergingen", so Hans-Peter Hutter vom Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien und seine Koautoren.

"Es fand sich im Zeitraum 1998 bis 2004 an den Hitzetagen ein signifikant erhöhtes relatives Mortalitätsrisiko von 1,13", heißt es weiter. Das bedeutet, dass während der Hitzewellen mit zahlreichen Episoden von mehr als 30 Grad Celsius an durchgehend zumindest drei Tagen die sonst eintretenden Todesfälle in Wien um den Faktor 1,13 oder 13 Prozent erhöht waren.

Alle Altersschichten betroffen
Frauen wurden offenbar häufiger Opfer der Hitze als Männer, ältere öfter als jüngere Menschen. Die Sterberate lag trotzdem quer durch alle Altersgruppen höher als gewöhnlich.

Die Wissenschaftler hatten für ihre Studien die Todesstatistiken für Wien zwischen 1998 und 2004 ausgewertet, parallel dazu die Temperaturdaten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG).

Forscher fordern vorbeugende Maßnahmen
Das Fazit der Autoren: "Auch wenn die Folgen der Hitzewellen nicht so ausgeprägt waren wie in Frankreich und Südwesteuropa, war in Wien im Sommer 2003 die tägliche Sterblichkeit erhöht."

Zumindest 130 Todesfälle hätten in diesem Jahr durch prompte medizinische Hilfe und rechtzeitige Aufklärung der Risikogruppen zum Verhalten bei extremer Hitze verhindert werden können.

Vorbeugende Maßnahmen leiten die Wiener Forscher auch als Forderung aus ihrer Untersuchung ab. Die Häufigkeit extremer Hitzeepisoden werde voraussichtlich als Folge der globalen Erwärmung zunehmen: "Speziell auf die ältere Bevölkerung ausgerichtete Vorsorgeprogramme sind daher erforderlich."

WHO warnt: Auch Krankheiten nehmen zu
Ähnlich hatte die vor kurzem ausgegebene Warnung der WHO, die das Kapitel Gesundheitsfolgen im neuen UNO-Weltklimareport (IPCC) mit koordiniert hatte, gelautet.

Sie rechnet ebenfalls künftig mit mehr Toten als Folge des Klimawandels. Als indirekte Folge nimmt die WHO außerdem eine steigende Zahl von Herz- und Atemwegsleiden durch höhere Ozonkonzentrationen sowie Infektionserkrankungen als Folge zunehmender Wasserknappheit an.

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