Bloß kein Blumenstrauß

Sigmar Polke wirbelt inhaltlich und formal alles durcheinander.
"Ich stand vor der Leinwand und wollte einen Blumenstrauß malen. Da erhielt ich von einem höheren Wesen den Befehl: Keinen Blumenstrauß!"

Mit diesem Schriftzug auf einem Gemälde leitete Sigmar Polke, damals Student der Malerei an der Düsseldorfer Kunstakademie, am 10. Dezember 1966 seine erste wenngleich nur eintägige Einzelausstellung ein.

Polke und Richter
Statt eines Blumenbildes zeigte Polke lieber zwei Flamingos. Die Arbeiten waren Teil einer einwöchigen Ausstellungsaktion, an der auch Polkes Studienkollege Gerhard Richter teilnahm.

Heute zählen beide zu den international wichtigsten Gegenwartskünstlern. Polkes Arbeiten erzielen auf dem Kunstmarkt Spitzenpreise im sechs- bis siebenstelligen Euro-Bereich.

Frecher Humor
Besonders begehrt sind Polkes Frühwerke. In ihrem hintergründigen, frechen Humor sind sie charakteristisch für einen Künstler, der am Beginn seiner Karriere im Reflex auf den sozialistischen Realismus die bundesdeutsche Wirklichkeit mit Motiven vom Keks über die Wurst bis zur Socke als "kapitalistisch" persiflierte.

Typisch Polke sind auch die auf Tischdecken, Kleiderstoffen und Wolldecken gemalten oder aus Rasterpunkten zusammengesetzten Bilder. Deren Themen können trivial sein und brisant, wenn sie etwa die jüngste Vergangenheit vom "Dritten Reich" bis zur deutschen Wiedervereinigung im Blick haben.

Mehr als ein Stilpluralist
Polke, von dem monumentale Werke wie das "Schimpftuch" ebenso wie feine kleine Zeichnungen wie "Darf man Kinder auslachen?" stammen, gilt gemeinhin als Stilpluralist.

Ein Etikett, das nach Ansicht des deutschen Kurators Julian Heynen Polkes Arbeit nicht annähernd beschreibt. Polke sei "mehr als ein Zauberkünstler", einer, "der inhaltlich und formal alles durcheinander wirbelt".

"Keine Aufmerksamkeit"
Trotz des Erfolgs ist sich Polke treu geblieben: Gesprächs- und Fotowünsche lehnt der als medienscheu bekannte Künstler kategorisch ab. "Keine Aufmerksamkeit!" lässt der Künstler stets über seine Kölner Galerie Michael Werner verlauten.

Selbst für Ausstellungsmacher ist es laut Heynen "nicht so einfach", an den Künstler heranzutreten. Der mehrfache documenta-Teilnehmer Polke, der in zahlreichen Ausstellungen weltweit gewürdigt und vom Goldenen Löwen der Biennale Venedig bis zum niederländischen Erasmus-Preis mehrfach hoch ausgezeichnet wurde, ist ein virtuoser Spieler.

Auch mit der Öffentlichkeit spielt der prominente Künstler Versteck: Nicht Polke ist zum Ansehen da, sondern seine Bilder.

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