170 Mal Polke aus 40 Jahren

Im MUMOK sind Exponate aus den Sammlungen Burda, Speck und Froehlich zu sehen.
Sigmar Polke ist derzeit in aller Munde: Im Kunstkompass, der Liste der weltweit begehrtesten Gegenwartskünstler der Zeitschrift "Capital", landete der deutsche Maler soeben auf dem dritten Platz, nur überrundet vom ehemals befreundeten Deutschen Gerhard Richter und Bruce Nauman.

In Venedig sind Polke-Arbeiten wieder einmal bei der Kunstbiennale zu sehen. Und das Wiener MUMOK zeigt jetzt die erste umfassende Polke-Retrospektive in Österreich mit 170 Arbeiten aus vier Jahrzehnten.

Tiefe liegt im Detail
Bekannt wurde der 1941 in Schlesien geborene Maler vor allem durch den von ihm mitbegründeten "Kapitalistischen Realismus" und seine ironischen Anspielungen auf die Pop-Art.

©Bild: MUMOK
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Dank Polkes spielerischem Umgang mit Bild und Bildvorstellungen ist die MUMOK-Ausstellung äußerst kurzweilig. Die oft farbenfrohen Raster-, Lack- und Stoffbilder sind auf den ersten Blick zunächst dekorativ und zugänglich. Dahinter sorgt die augenzwinkernde Beschäftigung mit kunstgeschichtlicher Tradition und medialen Bildern für Tiefe.

Gummi-Dürer
Polke montierte etwa die Umrisse des weltbekannten Dürer-Hasen mit Gummibändern auf eine monochrome blaue Fläche. Ihn interessiere der "Wechsel von Erkennbarkeit und Nicht-Erkennbarkeit", sagte der Künstler einmal.

©Bild: MUMOK
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Als zentrales Spielmuster verwendete Polke zu Beginn das Raster, später arbeitete er mit Stoffen, dann mit chemischen Reaktionen und Farbverläufen.

Befehle von "höheren Wesen"
©Bild: MUMOK
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Frühe Werke ähneln Warhol und Lichtenstein, aber bei Polke bekommt die Pop-Art einen fast sarkastischen Unterton. Das spiegelt sich auch in seinen Titeln wider: "Höhere Wesen befahlen: rechte obere Ecke schwarz malen" nennt sich etwa ein weißes Gemälde, dessen rechtes oberes Eck schwarz ist.

Frech und hintergründig sind auch die Arbeiten auf Papier, von denen im MUMOK rund 110 zu sehen sind, etwa aus der Serie der Kartoffelgesichter "Mann mit Möhre" und "Frau mit Hund". Das Lachen bleibt dem Betrachter dabei manchmal im Hals stecken, etwa bei dem kleinen Blatt "Darf man Kinder auslachen?"

Drei Arten des Sammelns
©Bild: MUMOK
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Die Schau bietet auch einen ungewöhnlichen Einblick in die Sammlerszene. Erstmals haben sich drei private Sammler zusammengetan, um einen mehr als vier Jahrzehnte umfassenden Überblick über Polkes Werk zu geben. "Wir alle drei verehren Polke und sammeln ihn jeder auf seine eigene Art", sagte Frieder Burda, in dessen Museum in Baden-Baden die Ausstellung zuvor zu sehen war.

Burda ist seit vielen Jahren von dem Maler fasziniert und hat mit Arbeiten aus allen Schaffensperioden eine der bedeutendsten Polke-Sammlungen. Der schwäbische Unternehmer Josef Froehlich ist hingegen vorwiegend an frühen Werken interessiert, während der Kölner Arzt Reiner Speck eher den intellektuellen Zugang sucht.

Schröder vs. Köb
In Wien hat die Ausstellung wieder einmal zu Ärger in der Museumsszene geführt. "Wenn Köb die Polke-Retrospektive macht, gönne ich sie ihm, wiewohl die drei Sammlungen vorher versucht haben, die Ausstellung in die Albertina zu bekommen. Ich hatte nur nicht Zeit. Ich habe gesagt, Nein, sie sollen es dort haben", sagte Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder kürzlich in den "Salzburger Nachrichten".

Der angesprochene MUMOK-Direktor Edelbert Köb sagte in Ö1 dazu, er wolle die Debatte über inhaltliche Überschneidungen der Wiener Museen "nicht auf der Ebene persönlicher Kontroversen zwischen Direktoren führen".

Huemers "gute Ausstellung"
Parallel zur Polke-Schau sind im MUMOK 43 großformatige Malereien des österreichischen Künstlers Markus Huemer zu sehen. Der 1968 geborene, in Berlin lebende Künstler hat sich mit seinen Werken, die sich zwischen Medienkunst und Malerei positionieren, gleich auf drei Ebenen eingenistet.

Den Einfluss Polkes sieht man nicht zuletzt an den witzigen Titeln seiner 43 Arbeiten. Die Schau "Hätte auch wieder eine gute Ausstellung werden können ..." ist bis 16. September zu sehen.

Ausstellungshinweise
"Sigmar Polke. Eine Retrospektive", bis 7. Oktober; "Markus Huemer. Hätte auch wieder eine gute Ausstellung werden können ...", bis 16. September, MUMOK, täglich 10.00 bis 18.00 Uhr, donnerstags bis 21.00 Uhr.

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