Polizei muss Einsatz eingestehen

Innenminister sieht erfolgreichen Einsatz. Für Gipfelgegner hat die Polizei verloren.
Noch vor dem Ende des G-8-Gipfels in Heiligendamm haben am Freitag sowohl die Sicherheitskräfte als auch die Gipfelgegner jeweils zufrieden Bilanz über das Geschehen jenseits der umstrittenen Sicherheitszone gezogen.

Die Polizei kam allerdings heftig unter Beschuss: Weil ein vermummter Zivilbeamter nach besonders "unauthentischem" Verhalten aufgeflogen war, musste die Polizei nach anfänglichem Leugnen auch den Einsatz von verdeckt unter den Demonstranten agierenden Beamten eingestehen.

Bereits am Mittwoch war der Zivilbeamte bei einer Protestkundgebung nahe Heiligendamm aufgeflogen, doch die Polizei gestand die Undercover-Methode erst am Freitag ein.

Zu höflich für Autonome
Der wie ein Autonomer mit einer schwarzen Kapuzenjacke bekleidete Mann war am Mittwoch bei der der Blockade einer Zufahrtsstraße aufgefallen. Er machte sich zunächst verdächtig, als er die Demonstranten unüblicherweise siezte.

Als diese daraufhin stutzig wurden und ihn aufforderten, seine Kapuze abzunehmen, weigerte er sich. Auf die Aufforderung, sich auszuweisen, erklärte der Beamte zu allem Unglück in schönstem Behördendeutsch, das nur "autorisierten Stellen" gegenüber zu tun.

Der Wut nur knapp entgangen
Aufgebrachte Demonstranten attackierten ihn daraufhin und schlugen auf ihn ein. Vertretern der juristischen Teams der Demonstranten gelang es jedoch, den Mann mit massivem Körpereinsatz vor weiteren Attacken der eigenen Leute zu schützen und der Polizei zu übergeben.

Nach anfänglichen Dementis gestand die Polizei am Freitag den Einsatz von Zivilbeamten ein. Allerdings sei der ertappte Beamte kein Agent provocateur gewesen, sondern habe lediglich Informationen über die Planung von Straftaten und Störungen sammeln sollen, erklärte die Polizei in Rostock.

Bei dem Mann handle es sich nicht um einen Polizeibeamten, hatte Sprecher Axel Falkenberg noch am Donnerstag behauptet. "Solche Geschichten werden in die Welt gesetzt, um ein bestimmtes Bild von der Polizei zu verbreiten."

In einer schriftlichen Erklärung hieß es nun wörtlich: "Der Einsatz solcher zivilen Kräfte ist Bestandteil der Deeskalationsstrategie und dient ausschließlich der beweiskräftigen Feststellung von Gewalttätern."

Schlauchboote gerammt
Auch bei einer Aktion von Greenpeace am Donnerstag machte die Polizei keine allzu gute Figur. Greenpeace war mit Schlauchbooten in das weiträumige Seesperrgebiet eingedrungen. Die Schlauchboote spielten mit der Polizei längere Zeit Katz und Maus, bevor es der Marine gelang, die Boote zu stoppen - allerdings auch nur, indem sie zwei der Schlauchboote rammte. Dabei wurden drei Greenpeace-Mitarbeiter verletzt.

Schäubles positives Fazit
Trotzdem zog Deutschlands Innenminister Wolfgang Schäuble am Freitag ein erstes positives Fazit des Polizeieinsatzes.

Es sei im Wesentlichen gelungen, einen sicheren Ablauf des Gipfels zu gewährleisten, sagte der CDU-Politiker in Köln am Rande des Evangelischen Kirchentages. Zugleich seien nach den Krawallen vom vergangenen Samstag dann auch friedliche Demonstrationen ermöglicht worden. "Das Konzept der Verantwortlichen ist richtig gewesen", betonte er.

Warnung an Greenpeace
Mit Blick auf die Aktionen von Greenpeace, das mit Schlauchbooten und einem Ballon in die Sicherheitszonen um Heiligendamm eingedrungen war, verlangte Schäuble mehr Besonnenheit von den Demonstranten.

Wenn die Polizei Entscheidungen getroffen habe, die zudem von Gerichten überprüft worden seien, müssten diese respektiert werden. Bei dem Einsatz gegen die Greenpeace-Schlauchboote am Donnerstag hatten Polizeiboote ein Boot gerammt und eines überfahren. Dabei waren nach Greenpeace-Angaben sechs Insassen verletzt worden.

Gipfelgegner: 13.000 bei Blockaden
Die Gipfelgegner erklärten ihrerseits ihre Blockadeaktionen zu einem Erfolg. "Wir sind mehr als zufrieden. Wir haben es geschafft, den Gipfel über die ganze Zeit lahm zu legen", sagte Lea Voigt von der Gruppe Block G8.

Die Polizei habe für Transporte zum Tagungshotel in Heiligendamm auf den Land- und Seeweg ausweichen müssen. "Wir schätzen, dass insgesamt 12.000 bis 13.000 Personen an den Massenblockaden teilgenommen haben", sagte Voigt.

"Massive Polizeigewalt"
Voigt erhob erneut schwere Anschuldigungen gegen die Polizei. "Die Polizei ging mit massiver Gewalt vor, nicht deeskalierend", sagte die Block-G8-Sprecherin über eine Blockade beim westlichen Zufahrtstor nach Heiligendamm.

Ein Demonstrant sei am Donnerstag von einem Wasserwerfer so schwer verletzt worden, dass er auf einer Seite das Augenlicht verlieren könnte.

"Polizei lehnte Kooperation ab"
Insgesamt haben in den drei Camps um Heiligendamm 18.000 G-8-Gegner übernachtet, wie Andi Henner von den Organisatoren mitteilte. Er bedankte sich bei den städtischen Behörden für die Zusammenarbeit.

Gleichzeitig beschuldigte er die Polizeisondereinheit Kavala, jede Zusammenarbeit abgelehnt zu haben. Henner rief die Exekutive dazu auf, sich zumindest am Ende als "fairer Verlierer" zu zeigen.

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