Seit der Erfindung der Fotografie um das Jahr 1840 konnte man rund 60 Jahre lang nur schwarz-weiße Bilder schießen. Dann lösten die Brüder Lumiere den Siegeszug der Farbe aus - mit einer Technologie, die heute längst überholt ist und Kenner doch begeistert.
Beschichtete Glasplatte
Der Wandel begann am 10. Juni 1907. Damals stellten die Lumieres in Paris eine Revolution vor: Das Autochrom war der Beginn der kommerziellen Farbfotografie.
Autochrome fingen die Farben des Motivs mit einer Mischung farbiger Körnchen aus durchsichtiger Kartoffelstärke ein, die trickreich auf einer Glasplatte ausgewalzt wurden. Eine herkömmliche Fotoemulsion vervollständigte die Platte.
Untauglich für den Massenmarkt
Bis dahin war die Fotografie in Farbe eher ein technisch-chemisches Unterfangen denn ein künstlerisches oder gar privates Vergnügen. Zwar gab es bereits zuvor mehrere Verfahren - die aber beherrschten vielfach nur deren Erfinder selbst.
Louis Jean und Auguste Marie Nicolas Lumiere, schon bekannt als Erfinder der Kinematografie, hatten über viele Jahre experimentiert, bevor sie ihre Entwicklung schließlich vorstellten.
Aus heutiger Sicht ist es eine überaus aufwendige, ja exotische Methode. Andererseits ließen sich die damals teuren Platten in herkömmlichen Kameras verwenden und führten mit nur einer Belichtung zum Ergebnis.
Das Ende des Films
100 Jahre später ist die Fotografie ein Kinderspiel, egal ob mit Analog- oder Digitalkameras. Das schwarz-weiße Bild ist inzwischen die Ausnahme von der Regel.
Bei Europas größtem Hersteller von Abzügen, der CeWe Color AG im deutschen Oldenburg, laufen jährlich rund drei Milliarden Fotos vom Band. Schwarz-weiß sind davon etwa zwei Prozent.
Gleichzeitig zeichnet sich ein weiterer, tief greifender Wandel ab. Farbbilder aus Digitalkameras laufen dem Farbfilm, der Mitte der 30er Jahre von Agfa und Kodak vorgestellt wurde, rasend schnell den Rang ab.
Mit Tricks zum Farbfoto
Vor der Idee der Lumieres hatten Fotografen ihre schwarz-weißen Abzüge in stundenlanger Arbeit mit feinen Pinseln von Hand koloriert. Andere fertigten von einer Szene ein rotes, ein grünes und ein blaues Glasdia-Positiv und projizierten es für den Farbeindruck aufwendig übereinander.
Eine andere Variante war, von einem schwarz-weißen Foto mit großer Sorgfalt Druckvorlagen zu fertigen und damit wiederum einzelne Farben auf das ursprünglich monochrome Bild zu drucken. Edward Steichen schuf auf diese Weise sein "The Pond - Moonlight, 1904", das 2001 für 2,9 Millionen Dollar versteigert wurde. Es war lange Zeit das teuerste Foto der Welt.
Eine Auswahl anderer Varianten waren additive Farbrasterverfahren, das Stereo-Chromogramm, der Chromat-Leim-Druck, das Raydex-Verfahren und der Dreifarben-Carbo-Druck. Sie alle setzten sich aber nicht auf breiter Front durch. Erst die Erfindung der Gebrüder Lumiere verhalf der Farbe zum Durchbruch.
"Impressionistische Farbpalette"
"Das Autochrom, das weithin als das schönste fotografische Verfahren überhaupt gilt, zeichnete sich durch satte und leuchtende Farben aus und stellte dem Fotografen eine impressionistische Farbpalette zur Verfügung", sagt Pamela Roberts, die ehemalige Kuratorin der britischen Royal Photographic Society.
Sie zeichnet die Geschichte der farbigen Bilder in ihrem aktuell erschienenen Band "100 Jahre Farbfotografie" (Nicolai-Verlag, Berlin) nach. Die kenntnisreiche Beschreibung der alten Verfahren nötigt dem Leser Hochachtung vor dem Erfindergeist ab - und ein wenig Mitleid ob der Mühen in vergangener Zeit.
Link:
- Brüder Lumiere (Wikipedia)