Ungarn reißt der Geduldsfaden

Greenpeace stellt überhöhte Werte in Abwässern fest. Bürgerinitiative ruft zu Österreich-Boykott auf.
Das Thema Schaum auf dem Grenzfluss Raab sorgt seit Monaten für einen handfesten Streit zwischen Ungarn und Österreich: Ungarn hat die österreichische Seite - konkret zwei Lederfirmen im Burgenland und der Steiermark - im Verdacht, den Fluss durch ungereinigte Abwässer zu verschmutzen.

Nachdem zuletzt die Umweltschutzorganisation Greenpeace anhand von Proben zu dem Schluss kam, dass die Abwässer der Betriebe Grenzwerte deutlich überschritten, ist nun endgültig Feuer am Dach.

"Raab schäumt wie österreichisches Bier"
Mitte der Woche rief nun die ungarische Bürgerinitiative Pro Natura Szentgotthard (PRONAS) dazu auf, keine österreichischen Produkte mehr zu kaufen.

"Die Raab schäumt wie österreichisches Bier", hieß es seitens der Umweltaktivisten. "Deshalb haben wir einen Boykottaufruf an die ungarische Bevölkerung gerichtet, keine österreichischen Produkte und insbesondere kein österreichisches Bier zu konsumieren." Damit wolle man Druck ausüben, dass endlich etwas geschehe - mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Woher kommt der gelbe Schaum?
Greenpeace hatte am Mittwoch eine Analyse von Wasserproben vorgelegt. Demnach sei die Gerberei der Lederfabrik Boxmark im steirischen Feldbach maßgeblich für die Verschmutzung des Flusses verantwortlich.

Die Einleitung von Salz sei viel zu hoch, die Grenzwerte für bestimmte Phosphorverbindungen in den Abwässern überschritten die Grenzwerte zum Teil um 500 Prozent, sagte Greenpeace und ortete dringenden Handlungsbedarf - mehr steiermark.ORF.at.

Task-Force Raab auf Ursachenforschung
Offizielle österreichische Untersuchungen im Vorjahr hatten dagegen eine nur "mäßige" Belastung des Grenzflusses festgestellt.

Seitens des Umweltministeriums wurde nun eine Task-Force eingesetzt, die dem Schaumproblem gemeinsam mit der ungarischen Seite auf den Grund gehen soll. Ergebnisse sollen im Sommer vorliegen - mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Ungarns Präsident verärgert
Doch bis dahin reicht die Geduld jenseits der Grenze offensichtlich nicht. Ungarns Präsident Laszlo Solyom hielt Österreich wegen des Hinauszögerns einer Lösung kürzlich "Zynismus" vor. Dieses Verhalten sei inakzeptabel.

Wenig später entzog Ungarn, wie zuvor bereits angedroht, einem Betrieb im burgenländischen Jennersdorf die Bewilligung für die Einleitung seiner Abwässer in den Fluss. Budapest will den Fall außerdem als Beschwerde vor die EU-Kommission bringen - mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Angst um Tourismus
Ungarn betrachtet die Schaumbildung an der Raab weiterhin als erhebliche Gewässerverunreinigung und führt das auf die Einleitung der biologisch und chemisch gereinigten Abwässer der Lederfabriken in der Steiermark und im Burgenland zurück.

Von ungarischer Seite wird befürchtet, dass damit negative Auswirkungen auf die Wasserlebewesen, unter anderem auf die Fische, gegeben sind. Giftig für Menschen sind die Abwässer allerdings nicht. Ungarische Kommunalpolitiker fürchten vor allem negative Folgen für den Tourismus durch den "ekligen Schaum".

Kein Verständnis in Österreich
Das österreichischen Umweltministerium wiederum sah den Schritt "weder inhaltlich noch formal" begründet. Gemeinsam durchgeführte Gewässergüteuntersuchungen würden belegen, dass die Raab schon vor Errichtung der Lederfabrik in Jennersdorf Gewässergüteklasse II-III aufwies.

Das entspreche den Zielvorgaben des Gewässerschutzes für ein Tieflandgewässer, wie es die Raab darstellt. Darüber hinaus zeigten die im Vorjahr durchgeführten Gewässergüteuntersuchungen sogar eine weitere Verbesserung der Wasserqualität.

Betriebe orten "Hetzkampagne"
Zu den aktuellen Vorwürfen stehen Stellungnahmen der beschuldigten Betriebe bisher aus.

Ende des Vorjahres bezeichnete der geschäftsführende Direktor der Jennersdorfer Boxmark, Joachim Haidacher, die ungarischen Vorwürfe als "Teil einer Hetzkampagne". Boxmark halte alle Umweltvorschriften ein, sagte er damals gegenüber der ungarischen Presse.

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