Mistelbach, "Mittelpunkt der Welt"

Mistelbach hofft auf Zehntausende Nitsch-Pilger pro Jahr.
Hermann Nitsch, der Aktionist, der mit seinem Orgien-Mysterien-Theater lange Zeit die Öffentlichkeit verstört hat, steht vor einem Höhepunkt seines Lebens. Vor den Toren Wiens, in der Bezirkshauptstadt Mistelbach, entsteht für den immer zum Sakralen neigenden Künstler ein beinahe klosterartiges Museum.

Er sei "sehr, sehr dankbar" und stehe vor einem "großen Tag", sagte Nitsch am Mittwoch in einem Pressegespräch einen Tag vor der Eröffnung des ihm gewidmeten Museums im neuen Museumszentrum Mistelbach (MZM). Dessen Geschäftsführerin Romana Schuler erwartet dank des Werkes von Nitsch 30.000 Besucher jährlich.

"Unabschätzbare Impulse"
Mittlerweile empfängt Nitsch auch höchste Weihen und Erwartungen der konservativen Politik. Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) zeigte sich sicher, dass von Mistelbach Impulse ausgehen würden, die "heute noch gar nicht abschätzbar" seien.

Museum in ehemaliger Fabrik
Das MZM ist auf dem Areal der ehemaligen Pflugfabrik Heger in der Bezirksstadt im Weinviertel entstanden. Johannes Kraus und Michael Lawugger haben das Ensemble in weniger als einem Jahr Bauzeit zu einer klosterhaften Museumsanlage umgestaltet.

Dem Werk Nitschs ist etwa ein Drittel des 6.000 Quadratmeter großen Areals gewidmet. Die Kosten des Projekts beliefen sich auf fünf Millionen Euro.

"Mittelpunkt der Welt"
Nitsch selbst, der im nahen Prinzendorf lebt und arbeitet, pries jedenfalls die "wunderbare Landschaft" des Weinviertels, die für ihn der "Mittelpunkt der Welt" sei.

Motor hinter dem Projekt war der Mistelbacher Bürgermeister Christian Resch (ÖVP). Für ihn ist mit dem MZM ein "großer Wurf" gelungen. Nitsch sei von den Räumen nicht nur sofort begeistert gewesen, er habe sich auch persönlich stark eingebracht. In den vergangenen Wochen habe der Künstler "Tag und Nacht hier verbracht".

Große Werkpräsentation
Im Rahmen der Erstpräsentation im MZM werden von Nitsch etwa 150 Bilder und Schüttbilder aus den Jahren 1956 bis 2007 zu sehen sein. Aus den Jahren 1983 bis 2007 zeigt man 75 Grafiken. 80 Messgewänder und Schreine sowie 500 Fotografien und ausgewählte Videos, die zahlreiche Aktionen des Künstlers dokumentieren, sind ebenso Teil der nun fertig gestellten Schausammlung.

Ebenfalls präsentiert werden in einem eigenen Bereich der Asolo-Raum - Relikte und Werkzeuge des Orgien-Mysterien-Theaters - aus dem Jahr 1973 und das Geruchs- und Geschmackslabor von Nitsch. Leihgaben stammen nicht nur von Nitsch selbst, sondern unter anderem aus New York, Verona und München.

Dionysischer Themenweg
Im MZM werden in den kommenden Monaten auch die "den anderen Persönlichkeiten und Aspekten des Weinviertels gewidmeten Flächen", weiters ein Internationales Messwein-Archiv, die niederösterreichische Malakademie unter Leitung von Günther Esterer und schließlich 2008 der Dionysische Themenweg eröffnet.

Ein Katalog zur Erstpräsentation ist im Verlag Hatje-Cantz erschienen (256 Seiten, 338 Abbildungen, 39,90 Euro).

Links: