Lugowoi immer unter Verdacht

Spektakulärste Spionageaffäre seit Ende des Kalten Krieges.
Die britische Staatsanwaltschaft will im Fall des vergifteten Ex-Spions Alexander Litwinenko Mordanklage gegen den Russen Andrej Lugowoi erheben.

Um den Tod des 44-Jährigen durch das radioaktive Gift Polonium 210 am 23. November in London rankt sich die spektakulärste Spionageaffäre seit dem Ende des Kalten Krieges. Im Folgenden Informationen zu einigen Schlüsselfiguren:

Andrej Lugowoi
Der Ex-Geheimdienstler und jetzige Geschäftsmann stand von Anfang an im Verdacht, der Täter zu sein. Er war eine der letzten Personen, die Litwinenko vor seinem Tod in London traf, und zwar am 1. November im Millennium-Hotel am Grosvenor Square. Vergiftungssymptome traten bei Litwinenko bereits wenige Stunden nach dem Treffen auf.

Das Gespräch war Lugowois Angaben zufolge rein geschäftlicher Natur. Russische und britische Kriminalbeamte haben ihn im Rahmen ihrer Ermittlungen befragt, er bestreitet aber, in die Vergiftung Litwinenkos verwickelt zu sein. Lugowoi wurde in einem Moskauer Krankenhaus offenbar ebenfalls wegen einer Vergiftung behandelt.

Dimitri Kowtun
Auch der Geschäftsmann Kowtun gilt als verdächtig. Er nahm an dem Treffen Lugowois mit Litwinenko am 1. November in London teil. Die Tage davor verbrachte er im Großraum Hamburg. Ermittler haben unter anderem in einer Wohnung seiner Ex-Frau im Stadtteil Ottensen Polonium-210-Spuren gefunden.

Das muss aber nicht bedeuten, dass der 41-Jährige das strahlende Material von Moskau über Hamburg nach London brachte. Den Ermittlern zufolge kann er auch bei der Verpackung des Stoffs in Moskau lediglich anwesend gewesen sein und die Spuren anschließend an sich getragen haben.

Auch Kowtun wies Symptome einer Vergiftung mit Polonium auf. Er wurde in einem Moskauer Krankenhaus behandelt, wo er von den russischen und britischen Ermittlern befragt wurde.

Mario Scaramella
Der italienische KGB-Experte traf sich am 1. November mit Litwinenko in einer Londoner Sushi-Bar. In Scaramellas Urin wurden ebenfalls Spuren von Polonium nachgewiesen. Er ist aber wohlauf und bezweifelt, dass Litwinenko und er - wie anfangs vermutet - bei dem Restaurantbesuch vergiftet wurden.

Er macht für Litwinenkos Tod russische "Geheimorganisationen" verantwortlich, die aber nicht direkt der Kontrolle des Kreml unterstünden.

Michail Trepaschkin
Der Ex-Geheimdienstoffizier sitzt wegen des Verrats von Staatsgeheimnissen in einem russischen Gefängnis. Er gilt als einer der Informanten, die die Ermittler auf eine heiße Spur bringen könnten.

Trepaschkin hatte in einem Brief behauptet, der russische Geheimdienst FSB habe eine spezielle Agentengruppe gebildet, um Litwinenko und andere Regierungskritiker zu töten.

Juri Felschtinski
Der in den USA lebende Russe hat mit Litwinenko ein Buch geschrieben und gilt als enger Vertrauter des Toten. Er sieht die Schuld für Litwinenkos Tod bei Russlands Geheimdienst. Litwinenkos Vorwurf, Russlands Präsident Wladimir Putin habe die Vergiftung angeordnet, hat er zurückgewiesen. Er sieht den Tod vielmehr als Teil eines Machtkampfes vor der Präsidentenwahl 2008, bei der Putins Nachfolger bestimmt wird.

In ihrem Buch beschuldigen Felschtinski und Litwinenko den FSB, 1999 Bombenangriffe verübt und dafür tschetschenische Aufständische verantwortlich gemacht zu haben. Putin habe diese Angriffe genutzt, um den Krieg gegen Tschetschenien zu rechtfertigen, so die These.

Boris Beresowski
Der russische Geschäftsmann, Millionär und Putin-Kritiker lebt im politischen Exil in London und gehörte zu Litwinenkos Bekannten. Berichten zufolge hat die britische Polizei auch in seinen Räumen Spuren radioaktiver Strahlung gefunden. Er ist in Russland wegen Korruption angeklagt. Lugowoi hat zeitweise als Sicherheitschef Beresowskis gearbeitet.