Als designierter Außenminister verkörpert der 67-jährige Ex-Gesundheitsminister die von Sarkozy gewünschte politische Öffnung nach links. Unklar ist noch, wie weit er selbst tatsächlich die Pariser Diplomatie leiten wird - und wie weit ihm Sarkozy und dessen Außenpolitikberater Jean-Daniel Levitte Raum dazu lassen.
"Seit langem" davon geträumt
Vom Außenamt träume Kouchner "seit langem", sagt Rony Brauman, der mit ihm 1971 die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (Medecins sans frontieres, MSF) gegründet hatte. Der Lebenslauf des am 1. November 1939 in der südfranzösischen Stadt Avignon geborenen Arztes gibt Hinweise darauf, wie er sich den Posten vorstellt.
Kampf für "humanitäre Einmischung"
Schließlich kämpft er seit fast vier Jahrzehnten für ein Recht auf "humanitäre Einmischung" bei Menschenrechtsverletzungen in Krisengebieten.
Sarkozy wiederum nennt den Einsatz für Menschenrechte eines der Hauptziele seiner Außenpolitik. In der Einwanderungspolitik trennen Sarkozy und Kouchner als einstigen Kämpfer für "Boat-People" aus Vietnam indes Welten.
Von der Studentenrevolte zu Hilfseinsätzen
Bis 1965 war Kouchner in Frankreichs kommunistischem Studentenverband engagiert. Im Mai 1968 spielte er eine Rolle bei der Studentenrevolte. Als junger Gastroenterologe absolvierte er noch im selben Jahr seine erste Hilfsmission im Biafra-Krieg. Seit den 70er Jahren war er bei Konflikten auf allen Kontinenten im Einsatz.
1980 schied der geachtete, aber wegen seiner Vorliebe für Medienauftritte und streitbare Positionen kritisierte Kouchner im Streit von MSF und gründete die Organisation Medecins du Monde (MDM), deren Chef er bis 1988 war.
Nobelpreis für Ärzte ohne Grenzen
Damals wurde Kouchner erstmals in die Regierung berufen. Unter sozialistischen Premierministern war er bis 2002 mehrfach für Gesundheit oder humanitäre Aktionen zuständig. Ab 1999 war er erster UNO-Verwalter im Kosovo nach dem Krieg. Im selben Jahr erhielt Ärzte ohne Grenzen den Friedensnobelpreis.
Mit Bewerbungen als UNO-Flüchtlingskommissar und Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO) scheiterte Kouchner, der seit Jahren mit der bekannten französischen TV-Journalistin Christine Ockrent zusammenlebt.
Scharfe Attacken auf Sarkozy
Trotz seiner politischen Herkunft aus der Linken lässt sich Kouchner ungern in ein Lager einordnen. So bedauerte er 2003 offen, dass Frankreich sich vor dem Irak-Krieg von den USA abgewandt hatte. An der Seite Washingtons hätte Paris den Krieg verhindern können, argumentierte er. Im Präsidentschaftswahlkampf griff er Sarkozy an, der "schamlos in den Gewässern der Rechtsextremen" fische.
Schon im Dezember schloss er eine Teilnahme an einer "Regierung der Öffnung" unter Sarkozy nicht aus. Im April rief er dann zu einer Allianz der Sozialistin Segolene Royal mit dem Liberalen Francois Bayrou auf, um den Konservativen zu stoppen.
In PS immer ein Einzelgänger
Vor der Präsidentschaftswahl galt Kouchner selbst als möglicher Kandidat. Mit Umfragewerten von weit über 60 Prozent genießt er große Popularität. In der Sozialistischen Partei (PS), zu der er erst 1998 stieß, blieb er aber Einzelgänger.
Dort sorgt seine Nominierung für großen Ärger - schließlich ist der Überläufer ein schweres Handicap im Wahlkampf zu der Parlamentswahl im Juni. Der einstige Präsidentenberater Jacques Attali - ein Parteiloser - betont, in Frankreichs Außenpolitik müsse es Grundlagenkonsens geben. Außen- oder Verteidigungsminister könne auch ein Linker sein.
Reinolf Reis, AFP