Ausstellung und Film zum Jubiläum
Das noch immer modern wirkende Buchstabendesign hat die Schriftkultur geprägt wie keine andere Schriftart. Im New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) wird die Helvetica daher mit einer Ausstellung geehrt, im Zürcher Museum für Gestaltung gab es jüngst eine Jubiläumsfeier.
Der US-Filmemacher Gary Hustwit hat eine Dokumentation über sie gedreht - schlicht "Helvetica" betitelt -, die nach einer umjubelten Premiere beim SXSW-Festival in Texas derzeit auf Welttournee ist. Österreich-Termine sind vorerst nicht vorgesehen, aber im Mai ist der Film vier Mal in Deutschland zu sehen.
"Schweizerische Qualitäten"
Für Hustwit ist die Helvetica "eine der beliebtesten Arten, wie wir unsere Worte kommunizieren". Laut MoMA-Kurator Christian Larson hat die Schrift "viele Qualitäten, die wir mit den Schweizern in Verbindung bringen": "Das sind die Ideen, die sich mit den Begriffen rational, funktional, neutral und universal verbinden."
"Man würde die Helvetica vermissen, wenn es sie nicht gäbe", sagt der Schweizer Verleger Lars Müller, der für die MoMA-Ausstellung das zentrale Exponat zur Verfügung gestellt hat: einen über zwölf Kilogramm schweren Originalsatz mit Helvetica-Lettern aus Blei.
Konkurrenz für die Akzidenz
Begonnen hat die Helvetica-Geschichte 1957 in Münchenstein bei Basel. Damals wollte der Unternehmer Edouard Hoffmann mit dem Grafikdesigner Max Miedinger eine Schriftart entwerfen, die so erfolgreich wie die Akzidenz Grotesk, ein damals weit verbreiteter Konkurrent, sein sollte.
Bis zum Sommer entwarfen sie eine überaus klare, serifenlose (also schnörkellose) Schrift, der sie den Namen Neue Haas Grotesk gaben - Hoffmann war Geschäftsführer der Haas'schen Schriftgießerei AG. Weil dieser Name für eine internationale Verbreitung kaum geeignet schien, folgte aber bald die Umbenennung in Helvetica.
Die DTP-Revolution
Die Schriftart wirkt modern und gleichzeitig seriös. Zu Beginn der 60er Jahre löste diese Mischung nahezu im gesamten Kulturraum mit lateinischer Schrift Begeisterung aus.
Out war die Helvetica ohnehin nie, aber in den 80ern erlebte sie einen zweiten Höhenflug. Sie war eine der ursprünglichen elf Schriftarten, die mit den ersten Apple-Computern ausgeliefert wurden.
Die Apples, bis heute bevorzugtes Tool der Grafikerzunft, starteten die Revolution des Desktop-Publishing (DTP), die jeden kreativen Menschen zum Verleger machen kann.
Nur Arial ist weiter verbreitet
"Heute ist die Helvetica die am meisten verbreitete Schriftart der Welt, wenn man Arial außer Acht lässt", sagt Otmar Hoefer von der deutschen Firma Linotype, die die Rechte an der Helvetica besitzt.
Es gab zahllose Versuche, die Helvetica zu imitieren. Am erfolgreichsten wurde die Schriftart Arial, die Ende der 80er Jahre vom US-Typografiekonzern Monotype entwickelt wurde. Die beiden ehemals konkurrierenden Schriften sind seit kurzem unter einem Dach: Monotype kaufte den deutschen Mitbewerber vor wenigen Monaten.
Bei Grafikern nach wie vor Nummer eins
Microsoft lieferte die Arial ab 1992 standardmäßig mit dem Betriebssystem Windows mit. Wegen ihrer massenhaften Verbreitung in E-Mails und Textdokumenten hat sie der Helvetica inzwischen den Rang als meistverwendete Schriftart abgelaufen.
In der Druck- und Werbebranche aber ist die Bedeutung der Helvetica ungebrochen. "Ich denke, die Helvetica ist immer noch Weltmeisterin", sagt Larson. "Man kann sie einfach nicht verbessern."
"Bei ihr stimmt einfach alles"
Kritiker halten die Schrift nach 50 Jahren im Dauereinsatz für langweilig und ausgelaugt, aber am Ende zählt, wie sie verwendet wird.
"Sie ist eine sehr schöne Schriftart, wenn sie richtig eingesetzt wird, aber sie macht schlechte Entwürfe nicht automatisch besser", erklärt der britische Designer David Hillman, der mit seiner Generalüberholung für den "Guardian" bekannt wurde und dabei reichlich Gebrauch von der Helvetica machte. Er könne ohne die Schrift nicht leben, so Hillman: "Bei ihr stimmt einfach alles."
Links:
- Helvetica (Wikipedia)
- Kinofilm "Helvetica"
- Linotype