Ahmadinedschads "neuer Look" für Iranerinnen

Konservative Abgeordnete beklagen, dass die Kopftücher bereits "klein wie Taschentücher" seien.
Im Iran haben die Behörden erneut Frauen wegen Verstößen gegen die islamische Kleiderordnung ins Visier genommen. An einer Universität regt sich bereits Widerstand.

Am Sonntag hatte ein Polizeisprecher in Teheran erste "Erfolge" bilanziert: "Von Beginn der Kampagne am Samstag um 10.00 Uhr bis Sonntagmittag wurden 1.347 Frauen verwarnt."

Freiheit nur nach "Versprechen"
170 Frauen seien überprüft worden, 58 von ihnen hätten aber wieder gehen dürfen, nachdem sie sich dazu verpflichtet hätten, ihre Kleidung und ihr Auftreten zu ändern.

Die Zeitungen zeigten auf ihren Titelseiten Fotos von Polizistinnen im schwarzen Tschador, die junge Iranerinnen in figurbetonter, bunter Kleidung ermahnten.

"Derzeitige Situation beschämend"
Die Nachrichtenagentur Fars hatte gemeldet, dass Frauen beim ersten Verstoß gegen den Kleidungskodex verwarnt, bei Widerstand aber in Gewahrsam genommen würden. Bisher waren ähnliche Kampagnen nach einigen Wochen im Sand verlaufen. Diesmal werde das aber nicht der Fall sein, sagte der Polizeisprecher.

Iranische Konservative begrüßten das Vorgehen: "Die derzeitige Situation ist für eine islamische Regierung beschämend", sagte Mohammed Taghi Rahbar vom Kulturausschuss des iranischen Parlaments: "Ein Mann, der diese Mannequins auf der Straße sieht, wird sich nicht mehr genügend um seine Frau zu Hause kümmern", fügte er hinzu.

Widerstand regt sich
Es regt sich allerdings Widerstand. Rund 2.000 Studenten der Universität von Schiras protestierten gegen die neue Sittlichkeitskampagne.

Die Demonstrierenden hätten sich von Samstagabend bis Montagfrüh auf dem Campus der Hochschule versammelt, um den Rücktritt des Universitätsrektors zu fordern, berichteten zwei iranische Zeitungen am Dienstag.

Die Studenten hätten den Professoren den Zutritt zum Gelände verweigert und einige Fenster zerstört, hieß es in der Zeitung "Etemad".

Kurze Hosen sollen verboten werden
Mit den Protesten reagierten sie auf die neuen Verhaltensvorschriften, die auch das Tragen ärmelloser T-Shirts und kurzer Hosen außerhalb der eigenen Zimmer verbieten. Zudem hatte die Universität eine Ausgangssperre von 23.00 bis 5.00 Uhr verhängt.

Den Studierenden ist es den Regeln zufolge zudem verboten, Besuch auf ihren Zimmern zu empfangen. Weiters ist es den Wächtern erlaubt, die Räume ohne Einschränkungen für Kontrollen zu betreten.

Vormals liberale Hochburgen
Nach Angaben der Zeitung "Etemad Melli" haben Einschränkungen und Kontrollen des Verhaltens von Studierenden - insbesondere von Studentinnen - in den vergangenen Monaten im ganzen Land zu Protesten geführt.

Universitäten galten während der Amtszeit des reformorientierten Präsidenten Mohammed Chatami als Hochburg liberaler Kräfte. Sein Nachfolger Mahmud Ahmadinedschad wurde beim Besuch einer renommierten Teheraner Hochschule im November 2006 von Studenten ausgebuht.

Nur Gesicht und Hände unbedeckt
Die islamische Kleidungsordnung im Iran sieht vor, dass Frauen nur ihr Gesicht und ihre Hände unbedeckt lassen dürfen. Viele Iranerinnen tragen deshalb den Tschador, ein langes Gewand, das die Haare und den Körper bis zu den Fußspitzen bedeckt.

Neuer "Look" geplant
Neue Kleidung für Frauen soll der iranischen und islamischen Identität des Landes Rechnung tragen, berichtete der staatliche Fernsehsender IRIB aus Teheran.

Dabei sollen die Kleidungsstücke in Form und Farbe vielfältig und auch noch günstig sein. Wie sie genau aussehen werden, steht noch nicht fest. Der neue "Look" soll von Mitarbeitern des Kultur- und des Handelsministeriums, des Kulturausschusses und des staatlichen Fernsehens erarbeitet und dann von iranischen Schneidern und Modeschöpfern umgesetzt werden.

"Kopftücher klein wie Taschentuch"
Ahmadinedschad selbst hatte jüngst den neuen "Dresscode" gefordert. Insbesondere der an der westlichen Mode orientierte Kleidungsstil junger Iranerinnen stößt bei der ultrakonservativen Führung auf Missfallen. Dabei waren Kopftuch sowie Mantel oder Umhang ohnehin bereits Pflicht.

Die Abgeordneten klagen aber darüber, dass bei modebewussten jungen Frauen in letzter Zeit die Mäntel immer kürzer und enger anliegend und die Kopftücher immer kleiner würden. Ein Politiker in Teheran bemängelte kürzlich, dass viele Kopftücher inzwischen kaum größer seien als Taschentücher.

Früher drohte die Prügelstrafe
Die nach der Gründung der Islamischen Republik 1979 eingeführten strengen Bekleidungsvorschriften für Frauen hatten sich zuvor in den vergangen Jahren vor allem in den wohlhabenderen Gegenden Teherans gelockert.

In den ersten Jahren des Mullah-Regimes drohte Frauen, deren Haar unter dem Tschador hervorlugte, die Prügelstrafe.

Schläge bei Frauenrechtsdemos
Dass die Behörden auch heute noch Gewalt gegen Frauen ausüben, zeigte sich vergangenes Jahr. Die Polizei nahm bei einer nicht genehmigten Demonstration für Frauenrechte in Teheran 70 Menschen fest.

Die Justiz der Islamischen Republik untersuchte danach Berichte, wonach Sicherheitskräfte Demonstranten geschlagen haben sollen. Ein Reuters-Mitarbeiter hatte beobachtet, wie Frauen und Männer auf der Versammlung mit Gummiknüppeln traktiert und in Busse verfrachtet wurden. Über das Ergebnis der öffentlichen Untersuchung wurde nichts bekannt.

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