Die Nebel lichten sich

Undurchsichtiger RAF-Mord steht vor der Aufklärung.
Nach den jüngsten Aufsehen erregenden Informationen über den RAF-Mord am deutschen Generalbundesanwalt Siegfried Buback vor 30 Jahren zeichnet sich ein neues Ermittlungsverfahren ab.

Immer mehr Politiker fordern, in dem Fall auch das Verhalten der Sicherheitsbehörden zu überprüfen.

Wie der Stein ins Rollen kam
Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hatte am Wochenende unter Berufung auf zwei Ex-Mitglieder der Roten Armee Fraktion (RAF) berichtet, dass der bisher im Fall Buback unbescholtene Ex-RAF-Terrorist Stefan Wisniewski 1977 die Schüsse abgegeben habe.

Wer geschossen hatte, war nie restlos aufgeklärt worden. Zu der Tat hatte sich ein gesichtsloses "Kommando Ulrike Meinhof" bekannt.

Das erste Opfer im "Terrorjahr"
Ihm wurden auch Brigitte Mohnhaupt, Christian Klar und Knut Folkerts zugerechnet, die unter anderem wegen gemeinschaftlichen Mordes in diesem Fall zu lebenslanger Haft verurteilt wurden.

Die Richter gingen auch von einer Mittäterschaft von Günter Sonnenberg aus. Buback war das erste RAF-Opfer im "Terrorjahr" 1977.

Behielten Behörden Wissen für sich?
Nach Informationen des "Spiegels" verriet die ehemalige RAF-Angehörige Verena Becker dem Verfassungsschutz, dass Wisniewski vom Soziussitz eines Motorrads die tödlichen Schüsse auf Buback abgegeben haben soll.

Diese Aussage machte sie bereits Anfang der 80er Jahre. Laut dem "Spiegel"-Bericht gaben Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt (BKA) die neuen Informationen jedoch nicht an die Justiz weiter.

Verfassungsschutz wehrt sich
Der frühere Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Richard Meier, widersprach der Darstellung am Montag energisch, die Kölner Behörde habe Anfang der 80er Jahre Informationen verschwiegen.

Meier, der von 1975 bis 1983 an der Spitze des Verfassungsschutzes stand, sagte der "Bild"-Zeitung (Dienstag-Ausgabe): "Es wurden nach meinem Wissen keine Erkenntnisse zum Täterkreis der RAF unterdrückt."

Zweiter Zeuge bestätigt Aussagen
Der ehemalige RAF-Terrorist Peter-Jürgen Boock bestätigte die Darstellung Beckers indes im Wesentlichen. Nach seinen Kenntnissen habe Wisniewski geschossen, Sonnenberg habe das Motorrad gelenkt. Über die Tatbeteiligung Klars sei er nicht informiert.

Wegen der laufenden Diskussion über eine Begnadigung Klars hatte sich Boock nach eigener Aussage an Michael Buback gewandt, den Sohn des ermordeten Generalbundesanwalts.

Einer der Härtesten
Wisniewski, der als einer der härtesten RAF-Terroristen galt, wurde 1981 unter anderem wegen der Entführung und Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer zu zwei Mal lebenslang verurteilt und kam 1999 frei.

"Informationen waren nicht bekannt"
Mit den jüngsten Enthüllungen werden bisherige Annahmen, auf denen Urteile gegen Wisniewski, Klar und Folkerts beruhten, in Frage gestellt.

Der Stuttgarter Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger erklärte am Montag, seines Wissens waren der Bundesanwaltschaft die jetzt bekannt gewordenen Informationen über den Tathergang nicht bekannt.

"Keine Auswirkungen auf Klar"
Dass der Verfassungsschutz entsprechende Erkenntnisse zurückgehalten haben soll, glaubt Pflieger nach eigener Aussage nicht. Auswirkungen der neuen Informationen auf Klar erwartet er außerdem nicht.

In Bezug auf den seit 26 Jahren inhaftierten Mann und die anderen im Fall Buback Verurteilten gebe es "eigentlich keine neue Situation". Die Bundesanwaltschaft habe auch nie behauptet, Klar habe auf Buback geschossen.
Anders liege der Fall bei Wisniewski, der nie wegen des Mordes an Buback beschuldigt worden sei.

Hafterleichterung gewährt
Klar wurde unterdessen Hafterleichterung gewährt. Er hat Anspruch auf erste begleitete Freigänge, einen Sonderurlaub und offenen Vollzug ab Juli in Berlin, entschied das Landgericht Karlsruhe nach einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss.

Das Gericht entsprach damit einer Klage Klars, nachdem das Stuttgarter Justizministerium die üblichen Vollzugslockerungen als Vorbereitung auf eine Haftentlassung gestoppt hatte.

Merkel fordert "restlose Aufklärung"
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verlangte am Montag eine "restlose Aufklärung". Innenminister Wolfgang Schäuble ordnete eine "gründliche Sachaufklärung" bei Verfassungsschutz und BKA zu den damaligen Ermittlungen im Fall Buback an.

Bis zum Abschluss der Überprüfung werde es keine weitere Stellungnahme geben, hieß es aus dem Ministerium weiter. Die Überprüfungen würden einige Zeit in Anspruch nehmen. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm warnte zugleich vor "vorschnellen Schlüssen".

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