Zuvor stand bereits fest, dass der Täter der Polizei bekannt und auch einmal in psychiatrischer Behandlung war. Für Rätselraten sorgen in den US-Medien zwei Worte, die er offenbar auf seinem Arm geschrieben hatte.
"Beunruhigende" Unterlagen
Dem Kabelsender MSNBC zufolge handelt es sich um "beunruhigende" Unterlagen, die der 23 Jahre alte Südkoreaner anscheinend zwischen den beiden Schießereien am Montag in der Früh auf dem Campus abgeschickt hatte. Zum Schreiben hieß es, es sei mehrere Seiten lang und weitschweifig. Man habe das Material, das am Mittwoch eingetroffen sei, dem FBI übergeben, so der Sender.
Zuvor hatte der Fernsehsender ABC bereits berichtet, dass Cho eine Art Botschaft mit dem Text "Ihr habt mich dazu gebracht, das zu tun" hinterlassen habe.
Gewaltexzesse und imaginäre Freundin
Dozenten und Studienkollegen berichteten am Mittwoch, dass es vor der Bluttat viele Anzeichen auf ein gestörtes Verhalten des späteren Täters gegeben habe.
Wegen makabrer Gedichte und Theaterstücken voller Gewalt- und Todesfantasien hatte sich beispielsweise die Direktorin der Englisch-Abteilung an die Polizei gewandt. "Die Stücke waren voller perverser, makabrer Gewalt mit Waffen, die ich mir nie hätte vorstellen können", sagte auch Ian McFarlane, der mit dem späteren Täter einen Kurs besuchte.
Nach Angaben zweier ehemaliger Zimmergenossen war Chos Verhalten "unüblich". Er habe von Selbstmord gesprochen und eine imaginäre Freundin, ein Supermodel, erfunden.
Spekulationen über "Ismail Ax"
Laut "Washington Post" hatte Cho angeblich die Worte "Ismail Ax" mit roter Tinte auf einen seiner Arme geschrieben hatte. Während die Ermittler noch nicht wissen, was damit gemeint ist, laufen die Spekulationen in Medien und Blogs auf Hochtouren.
Im Koran sei Ismail der Sohn Ibrahims, also des christlichen Abrahams, der in einem Tempel mit einer Axt Götzenbilder zerschlägt, mutmaßt die "Chicago Tribune". Auch von literarischen Vorlagen wie heroischen Kämpfern in einer Erzählung von James Fenimore Cooper oder "Moby Dick" ist die Rede.
Abenteuerliche Verschwörungstheorie
Die bizarren Blüten in der Online-Jagd auf das Phantom Cho Seung-Hui fasst das deutsche Online-Dienst Telepolis in einer Glosse zusammen. So habe wenige Tage vor der Tat ein "Ismail Ax" in einem Blog eine abenteuerliche Verschwörungstheorie gepostet.
Demnach sei ein südkoreanisches Kind Anfang der 70er Jahre von den USA entführt worden, um später geheim den Platz des Sohnes des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Il einzunehmen. Damit nicht genug: "Ismail Ax" sei ein Anagramm von "axis mali", der lateinischen Version der von den USA viel zitierten Achse des Bösen.
Der Polizei bekannt
Erstmals sei Cho im November 2005 ins Visier der Universitätsverwaltung geraten, berichtete der Polizeichef der Universität, Wendell Flinchum. Eine Studentin habe sich bei der Polizei beschwert, dass sie sich von Chos Kontaktversuchen belästigt fühle. Bedroht habe sie sich aber nicht gefühlt.
Einen Monat später sei die Beschwerde einer zweiten Studentin eingegangen, die von Cho SMS-Mitteilungen erhalten habe. "Am nächsten Morgen haben Beamte Cho besucht und mit ihm über die Angelegenheit gesprochen", sagte Flinchum.
In psychatrischer Behandlung
Kurz danach sei bei der Polizei eine Warnung über Chos mögliche Selbstmordgedanken eingegangen, berichtete Flinchum. Beamte und ein Psychologe hätten ihn aufgesucht, sagte Flinchum.
"Auf Grund des Gesprächs mit dem Psychologen wurde eine vorübergehende Anordnung zur Einweisung in eine Klinik erteilt und Cho wurde in eine psychiatrische Anstalt gebracht", sagte der Polizeichef. Wie der Sender CNN berichtete, wurde Cho 2005 von einem Sonderrichter des Staates Virginia für "geisteskrank" erklärt. Nach Dezember 2005 sei er der Campus-Polizei nicht mehr aufgefallen.
Erstes Opfer zufällig
Inzwischen scheint es weitgehend ausgeschlossen, dass der Todesschütze sein erstes Opfer, die Studentin Emily Hilscher, aus Eifersucht oder im Streit getötet hat. Mitbewohnerin Heather Haugh sagte der "Los Angeles Times", dass Hilscher den Mann nicht persönlich gekannt habe und dass auch ihr der Name Cho völlig unbekannt gewesen sei.
TV-Hinweis:
Am Sonntag sendet ORF2 um 22.55 Uhr anlässlich der Blacksburg-Tragödie Michael Moores Oscar-prämiertes Werk über den US-Waffenfetischismus, "Bowling for Columbine" - mehr dazu in tv.ORF.at.
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