Cho war Einzeltäter
Die Polizei geht davon aus, dass es sich bei dem Studenten Cho um einen Einzeltäter handelte. Eine der beiden sichergestellten Waffen sei zudem an beiden Tatorten benutzt worden, sagte ein Sprecher bei einer Pressekonferenz am Dienstag weiter.
Die Universität hatte bereits zuvor bekannt gegeben, dass der Täter selbst an der Technischen Hochschule von Virginia in Blacksburg eingeschrieben war, wo er das Massaker verübte.
Schreiben hinterlassen
Der Täter hinterließ US-Medienberichten zufolge einen hasserfüllten Abschiedsbrief. Im seinem Zimmer sei ein mehrseitiges Schreiben entdeckt worden, in dem sich der 23-Jährige gegen "reiche Kinder", "betrügerische Scharlatane" und "Ausschweifungen" auf dem Campus auslässt, wie US-Medien unter Berufung auf Ermittler berichteten. "Ihr habt mich gezwungen, das zu tun", zitierte der Fernsehsender ABC aus dem Schreiben.
Opfer in vier Klassenräumen
Der Student hatte Montagfrüh zunächst in einem Wohnheim zwei Kommilitonen und zwei Stunden später in einem nahe gelegenen Unterrichtsgebäude weitere 30 Studenten und Lehrkräfte erschossen, bevor er sich selbst richtete.
Polizeiangaben zufolge wurden die Toten in vier Klassenräumen des Unterrichtsgebäudes "Norris Hall" und im Treppenhaus gefunden. Der Täter lag mitten unter seinen Opfern in einem der Zimmer im zweiten Stock. Nach Informationen des TV-Senders ABC wurde in seinem Rucksack eine Quittung über den Kauf einer Schusswaffe gefunden.
Kaltblütig geplanter Massenmord?
Augenzeugen zufolge handelte es sich bei der Tat weniger um einen Amoklauf als um einen kaltblütig geplanten Massenmord. Cho sei wortlos, in großer Ruhe und geradezu systematisch vorgegangen, sagten Studenten, die mit Verletzungen davongekommen waren.
Der Täter hatte Polizeiangaben zufolge Türen mit Ketten verschlossen, um ein Entkommen der Studenten zu verhindern.
Zwei Waffen sichergestellt
Cho studierte offiziellen Angaben zufolge Englische Literatur an der Virginia Tech und lebte in einem Wohnheim auf dem Campus. Wie ein Sprecher der US-Einwanderungsbehörde am Dienstag mitteilte, lebte der Südkoreaner seit 1992 in den USA und war Inhaber einer Green Card.
Zwei Waffen seien sichergestellt worden, berichtete Polizeisprecher Wendell Flinchum. Eine ballistische Untersuchung habe ergeben, dass eine der Waffen bei beiden Schießereien am Montag benutzt wurde.
Motive unbekannt
Die genauen Motive für die Tat liegen weiter im Dunkeln. Mitstudenten zufolge habe die Bluttat mit einem Streit des Schützen mit seiner Freundin begonnen.
Der Mann habe im Studentenwohnheim mit seiner Freundin gestritten und diese plötzlich niedergeschossen, berichtete am Dienstag der taiwanesische Student Chen Chia-hao in einem Telefoninterview des taiwanesischen Kabelfernsehkanals CTI aus den USA.
Polizei in der Kritik
In das Entsetzen über das schreckliche Geschehen mischen sich nun kritische Fragen zum Ablauf und zu den Sicherheitsvorkehrungen an der Universität.
Die Polizei musste sich am Dienstag fragen lassen, wie es kommen konnte, dass der Täter zwei Stunden nach seinen ersten tödlichen Schüssen in einem Universitätsgebäude noch einmal und noch grausamer zuschlagen konnte.
Vorwürfe an Universität
Studenten und ihre Angehörigen werfen zudem der Universitätsleitung schlechtes Krisenmanagement vor. Die Sicherheitskräfte hatten den Betrieb auf dem weitläufigen Uni-Gelände weiterlaufen lassen, obwohl der Täter nach seinen ersten Schüssen nicht gefasst worden war.
Die Universität habe sich schuldig gemacht, "weil sie nach dem ersten Zwischenfall nichts unternommen hat", sagte der 18-jährige Billy Bason, der in dem Wohnheim lebt, in dem die Schießerei im dritten Stockwerk begann.
Universitätspräsident Charles Steger wies die Vorwürfe am Dienstag zurück. Die Polizei habe sehr professionell auf die ersten Schüsse reagiert und so umsichtig wie nur denkbar gehandelt, erklärte er.
Österreicher als Zeugen
Schockiert zeigten sich auch zwei Österreicher, die sich der derzeit an der Universität aufhalten: Der Steirer Georg Reichard, Assistenzprofessor für Hochbau an der Virginia Tech, verwahrte sich aber gegen Kritik an der Leitung der Universität. "Wenn bei uns irgendwo eine Schießerei ist, wird auch nicht gleich ein ganzes Viertel gesperrt", sagte er - mehr dazu in steiermark.ORF.at.
Ein Wiener Student, der die Universität besucht, äußerte hingegen sehr wohl Kritik an der mangelnden Information nach der ersten Schießerei - mehr dazu in wien.ORF.at.
Debatte über Waffengesetz
Wie nach dem Massaker an der Columbine High School am 20. April 1999 setzte auch nach dem Massaker vom Montag wieder eine Diskussion über die lockeren Waffengesetze in den USA ein.
US-Präsident George W. Bush zeigte sich entsetzt über die Ereignisse in Virginia, verteidigte aber die bestehende Rechtslage. "Der Präsident ist der Ansicht, dass Menschen ein Recht haben, Waffen zu tragen, aber dass alle Gesetze befolgt werden müssen", sagte seine Sprecherin Dana Perino.
Blutigstes Massaker
Das Blutbad erfolgte nur vier Tage vor dem 8. Jahrestag des Schulmassakers von Columbine (Colorado). Zwei Schüler hatten am 20. April 1999 zwölf Mitschüler und einen Lehrer getötet und sich dann selbst das Leben genommen.
Bisher galt der Amoklauf vom 1. August 1966, an dem Charles Whitman auf einen Turm im Zentrum des Campus der University of Texas in Austin stieg und das Feuer auf Menschen 27 Stockwerke unter ihm eröffnete, als größte derartige Tragödie. Whitman tötete 15 Menschen, darunter - in der Nacht zuvor - seine Mutter und seine Frau. 31 Menschen wurden damals verletzt.
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