Warnung kam zu spät

Polizei schließt Mittäter nicht aus.
Nach dem Massaker an der Universität Virginia Tech in Blacksburg mit 33 Toten ist ein erster Hinweis auf ein Motiv des Täters bekannt
geworden.

Der Amoklauf habe einem Mitstudenten zufolge nach einem Streit des Schützen mit seiner Freundin begonnen. Von der Polizei gab
es zunächst keine Bestätigung.

Identität noch nicht bekannt gegeben
Der Mann habe im Studentenwohnheim mit seiner Freundin gestritten und diese plötzlich niedergeschossen, berichtete am Dienstag der taiwanesische Student Chen Chia-hao in einem Telefoninterview des taiwanesischen Kabelfernsehkanals CTI aus den USA.

Die Polizei benötigte Stunden, um die Identität des Täters festzustellen. Nach Berichten von Augenzeugen hatte sich der Mann mit einem Kopfschuss schwer entstellt. Seine Identität
soll vorerst nicht bekannt gegeben werden.

Universitätspräsident Charles Steger sagte gegenüber dem Fernsehsender CNN, der Täter sei Student der Universität gewesen und habe in einem Wohnheim auf dem Campus gelebt. Steger bestätigte auch, dass der Täter asiatischer Herkunft gewesen sei.

Geplante Tat?
Wie die Zeitung "Chicago Sun-Times" berichtet, gehen die Behörden davon aus, dass es sich bei dem Mörder um einen 24-jährigen Chinesen handelt, der im vergangenen Jahr mit einem Studentenvisum in die USA gekommen war.

In der vergangenen Woche waren drei Bombendrohungen auf dem Universitätscampus eingegangen. Laut "Chicago Sun-Times" vermutet die Polizei, dass der Amokläufer damit die Reaktion der Sicherheitsorgane auf dem Campus testen wollte.

Die Tatsache, dass der Täter laut Augenzeugen eine schusssichere Weste getragen hatte, könnte ebenfalls ein Hinweis darauf sein, dass die Tat seit längerem geplant war.

Mittäter nicht ausgeschlossen
Auf einer Pressekonferenz wollte Polizeichef Wendell Flinchum außerdem nicht ausschließen, dass ein Mitverschwörer oder ein zweiter Täter an dem Massaker beteiligt war.

Die Polizei habe "eine Person von Interesse" vernommen, die eines der Opfer gekannt habe. Nähere Einzelheiten wollte er nicht sagen.

Polizei in der Kritik
In das Entsetzen über das schreckliche Geschehen mischen sich nun kritische Fragen zum Ablauf und zu den Sicherheitsvorkehrungen an der Universität.

Die Polizei musste sich am Dienstag fragen lassen, wie es kommen konnte, dass der Täter zwei Stunden nach seinen ersten tödlichen Schüssen in einem Universitätsgebäude noch einmal und noch grausamer zuschlagen konnte.

Vorwürfe an Universität
Studenten und ihre Angehörigen werfen zudem der Universitätsleitung schlechtes Krisenmanagement vor. Die Universität habe sich schuldig gemacht, "weil sie nach dem ersten Zwischenfall nichts unternommen hat", sagte der 18-jährige Billy Bason, der in dem Wohnheim lebt, in dem die Schießerei im dritten Stockwerk begann.

Lehrbetrieb vorerst eingestellt
Der Lehrbetrieb an der Virginia Tech wurde bis auf weiteres eingestellt. An einem kurzfristig angesetzten Trauergottesdienst in Blacksburg nahmen am Montagabend 150 Menschen teil.

Debatte über Waffengesetz
Wie nach dem Massaker an der Columbine High School am 20. April 1999 setzte auch nach dem Massaker vom Montag wieder eine Diskussion über die lockeren Waffengesetze in den USA ein.

US-Präsident George W. Bush zeigte sich entsetzt über die Ereignisse in Virginia, verteidigte aber die bestehende Rechtslage. "Der Präsident ist der Ansicht, dass Menschen ein Recht haben, Waffen zu tragen, aber dass alle Gesetze befolgt werden müssen", sagte seine Sprecherin Dana Perino.

Blutigstes Massaker
Der Amoklauf erfolgte nur vier Tage vor dem 8. Jahrestag des Schulmassakers von Columbine (Colorado). Zwei Schüler hatten am 20. April 1999 zwölf Mitschüler und einen Lehrer getötet und sich dann selbst das Leben genommen.

Bisher galt der Amoklauf vom 1. August 1966, an dem Charles Whitman auf einen Turm im Zentrum des Campus der University of Texas in Austin stieg und das Feuer auf Menschen 27 Stockwerke unter ihm eröffnete, als größte derartige Tragödie. Whitman tötete 15 Menschen, darunter - in der Nacht zuvor - seine Mutter und seine Frau. 31 Menschen wurden damals verletzt.

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