Kunststoffimplantat und Hormonspritze

Die hormonelle Verhütung ist für den Mann eine ziemlich belastende Angelegenheit.
Die "Pille für den Mann" ist ein ausgesprochen schwieriges Projekt. Die zum Bayer-Konzern gehörende Berliner Pharmafirma Schering forschte seit November 2002 zusammen mit der US-Firma Organon an deren Umsetzung.

Im Jänner 2004 begann eine klinische Studie, deren Phase II in 14 Zentren in Europa mit 350 Teilnehmern gestartet wurde und Zuverlässigkeit und Sicherheit des Verhütungsmittels untersuchen sollte.

"Die Tradition ändern"
"Bisher konzentrierte sich die Forschung zur Fertilitätskontrolle auf Methoden für die Frau. Wir stellen uns nun der Herausforderung, diese Tradition zu ändern", sagte Schering-Forschungsvorstand Günter Schock.

Mit der gemeinsamen Studie mit Organon sei ein großer Schritt in der Entwicklung des ersten hormonellen Verhütungsmittels für den Mann gemacht worden. "Dieses Projekt könnte das Potenzial für eine weltweite Vermarktung haben", sagte Stock.

Ausgangspunkt für einfachere Verhütung
Die "Pille für den Mann" besteht vorerst aus einem von Organon entwickelten Kunststoffimplantat, das das Hormon Gestagen abgibt. Dazu kommt von Schering-Seite eine Hormonspritze mit dem lang wirkenden Testosteron Undecanoat. Doch diese Forschungen könnten der Ausgangspunkt für viel einfachere Empfängnisverhütungsmittel sein.

Das Problem hormoneller Verhütung bei Männern liegt darin, dass nicht wie bei der Frau ein Ei pro Monat "verhindert" werden muss. Vielmehr muss die kontinuierliche Produktion von Hunderten Millionen Spermien blockiert werden.

"Drei Monate, bis der Mann infertil ist"
"Die Spermiogenese dauert etwa 70 Tage. Dabei liegen nebeneinander Spermienzellen in allen verschiedenen Reifungsstadien vor, sodass es bei einer Beeinflussung der Spermienbildung mindestens drei Monate dauert, bis der Mann wirklich infertil ist", sagte Ursula Habenicht, Leiterin der Forschungsabteilung für Gynäkologie und Andrologie bei Schering.

Wegen der Abhängigkeit der Spermienproduktion vom männlichen Geschlechtshormon Testosteron hat man sich den Trick einfallen lassen, über eine künstliche Zufuhr (Injektion) dem Körper des Betroffenen die Information zukommen zu lassen: genug Testosteron vorhanden. Damit wird auch die Produktion von Spermien abgeschaltet.

Eine belastende Angelegenheit
Doch diese Methode zur Kontrazeption ist für den Mann eine ziemlich belastende Angelegenheit. Er muss sich regelmäßig Testosteron-Injektionen geben lassen. Hinzu kommt noch ein kleiner, unter die Haut implantierter Kunststoffkörper, der das Gelbkörperhormon Gestagen abgibt. Und dann dauert es noch 70 Tage, bis der Mann wirklich keine Spermienproduktion mehr aufweist.

Mit dem Abschluss der Phase-II-Studie endete 2006 die Zusammenarbeit zwischen Schering und Organon. Der deutsche Konzern wolle aber alleine weiter an Verhütungsmitteln für Männer forschen. Die in der Studie getestete Darreichungsform sei für den Markt nicht geeignet.

Nun suchen beide Unternehmen separat nach einer akzeptablen Form der Verabreichung, denn die Kombination der Hormone Testosteron und Gestagen sei als Verhütungsmittel für den Mann grundsätzlich geeignet.

Keine dauerhafte Unfruchtbarkeit
Eine Auswertung von 30 Studien mit 1.500 Teilnehmern weltweit zeigte, dass die "Pille für den Mann" keine dauerhaften Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit hat. Forscher aus den USA und Australien seien sich sicher, dass das Verhütungsmittel nur so lange wirke, wie es eingenommen werde.

Im Schnitt sei nach dem Absetzen die Fruchtbarkeit nach drei, vier Monaten wieder vollständig gegeben. Damit hätten die Männer in Zukunft jede Möglichkeit, "die Zufriedenheit und die Last der Familienplanung gerechter zu teilen", sagte Peter Liu von der Universität Sydney.

Links: