"Verwässerung der Qualitätskriterien"

Mediaprint will "Gegen-ÖAK" gründen. "Österreich" sieht "Flucht".
Der seit Monaten schwelende Streit zwischen "Krone" und "Kurier" auf der einen und dem neuen Fellner-Tagesblatt "Österreich" ist am Donnerstag eskaliert. "Kronen Zeitung" und "Kurier" erklärten am Nachmittag via Aussendung ihren Austritt aus der Österreichischen Auflagenkontrolle (ÖAK).

Als Grund für diesen "sorgfältigen Schritt" gaben die Tageszeitungen die "massive Verwässerung der Qualitätskriterien" der ÖAK im Zusammenhang mit der Ausweisung der Auflagenzahlen für die neue Tageszeitung "Österreich" an.

Hintergrund des Konflikts: In der täglichen Gratisausgabe von "Österreich" - einer gekürzten Version der Bezahlausgabe - sehen andere Verleger, insbesondere die unmittelbaren Konkurrenten "Krone" und "Kurier", eine unerlaubte Form der Werbung und Auflagensteigerung.

Grundlage für Werbewirtschaft
In der ÖAK werden quartalsweise die Zahlen der verkauften, verbreiteten und gedruckten Auflage der an der Erhebung teilnehmenden Titel ermittelt und veröffentlicht.

Die Auflagenkontrolle gilt neben der jährlich erscheinenden Media-Analyse als wesentliche Vergleichswertung auf dem heimischen Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt. Die Werbewirtschaft erstellt auf Basis dieser Daten ihre Werbe- und Mediapläne.

"Vergleich von Äpfeln und Birnen"
"Krone" und "Kurier" monieren, dass es bei "Österreich" um eine "Vermischung von Kauf- und Gratiszeitung" handle. Dass dieser Zeitungs-"Hybrid" gemeinsam mit den klassischen Kauf-Tageszeitungen ausgewiesen werde, sei ein "grob irreführender Vergleich von 'Äpfeln' mit einer 'Birne'".

Die "nur oberflächliche und vor allem bei Zwischenschaltung von Drittfirmen de facto völlig fehlende Prüfung der Auflagemeldungen ist gerade bei einer neuen Zeitung mit rund 50 Prozent Gratisverteilung und weiteren über zwölf Prozent 'Großverkauf' kein tauglicher Weg zu Vertrauen verdienenden kontrollierten Auflagezahlen", so die Kritik aus der Mediaprint.

"Kein anderer Weg"
"Da die ÖAK trotz mehrmaliger, eindringlicher Mahnungen nicht bereit war, die dringend gebotenen qualitätssichernden Maßnahmen zu ergreifen, blieb für die Mediaprint kein anderer Weg als der Austritt aus dieser verwässerten ÖAK."

Neue Aufklagenkontrolle geplant
In den nächsten Wochen werde man sich darum bemühen, "eine neue, den aktuellen Kontrollerfordernissen entsprechende Auflagenfeststellung mit realistischen Prüfkriterien und ohne Verzerrungen ins Leben zu rufen, damit das Vertrauen der Werbewirtschaft in die Auflagen der Kaufzeitungen wieder eine gesunde Basis vorfindet", hieß es.

News auf Seite der Mediaprint
Nur wenige Minuten nach "Krone" und Kurier", meldete sich auch die Verlagsgruppe News via Aussendung zu Wort. Sie spricht sich darin ebenfalls für eine neue Auflagenkontrolle aus. Der News-Verlag bietet "ab sofort die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft zur Auflagenkontrolle von Kaufzeitungen und -zeitschriften" an. Die Magazingruppe nimmt schon seit einiger Zeit nicht mehr an der ÖAK teil.

"Österreich" spricht von "Affront"
"Österreich" reagierte am frühen Abend auf die neuen Entwicklungen und warf "Krone" und "Kurier" "Flucht" vor.

"Die Mediaprint verträgt offenbar die Tatsache nicht, dass ihr mit der neuen Tageszeitung 'Österreich' erstmals ein ernsthafter Konkurrent erwachsen ist. Die Flucht aus der Auflagen-Kontrolle ist ein Affront gegenüber allen Werbe- und Mediaagenturen. 'Krone' und 'Kurier' wollen sich offenbar vor allem am Wiener Markt keinem Vergleich der verkauften Auflagen mehr stellen", so "Österreich"-Geschäftsführer Wolfgang Zekert.

Das Argument, die Mediaprint-Titel würden die ÖAK verlassen, weil der neue Konkurrent "Österreich" einen Teil seiner Auflage - wie in ganz Europa üblich - gratis vertreibe, sei ein reiner Vorwand. "Gerade 'Krone' und 'Kurier' sind mit ihren Sonntag-Ausgaben die klassischen Beispiele von Hybrid-Zeitungen."

Streit auch im VÖZ
Die Frage der Auflagenverteilung von "Österreich" sorgte zuletzt schon für Diskussionen im Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ). Bei der jüngsten Vorstandssitzung wollten die Zeitungsverleger dem Beitritt der Tageszeitung von Wolfgang Fellner nicht vorbehaltlos zustimmen.

Einige Verleger verlangten zunächst eine Klärung der Frage, ob es sich bei "Österreich" um eine Kauf- oder eine Gratiszeitung handelt. Die Mediaprint argumentiert nun im Zusammenhang mit der ÖAK ähnlich. Fellner selbst betonte, dass "Österreich" zu einem überwiegenden Teil entgeltlich verbreitet werde.

Links: