Hartes Sanierungsprogramm

Deutschland und Frankreich scheinen mit den Sparplänen einverstanden.
Der angeschlagene europäische Flugzeugbauer Airbus will im Zuge des Sanierungsprogramms "Power8" 10.000 Stellen einsparen.

Die Hälfte davon entfalle auf Zulieferer und Leiharbeiter. Das teilte zunächst ein von Airbus unterrichteter Gewerkschaftssprecher am Mittwoch in Toulouse mit. Der Konzern selbst bestätigte die Angaben.

In Deutschland sollen in den nächsten drei bis vier Jahren 3.700 Stellen und in Frankreich 4.300 Jobs wegfallen, in Großbritannien sind es 1.600 und in Spanien 400.

Keine Entlassungen?
Die beschlossenen Anpassungen sollen durch natürliche Fluktuation, Vereinbarungen über freiwilliges Ausscheiden und weitere Maßnahmen erfolgen, teilte das Unternehmen mit. "Bisher sieht das Management keine Notwendigkeit für Entlassungen", heißt es wörtlich.

Neue Struktur
Das Sanierungsprogramm ist nach Aussagen des deutschen Kochefs der Muttergesellschaft EADS, Tom Enders, eine gute Grundlage, um Airbus "aus dem Dreck zu ziehen". Das Programm für Airbus sei zwar hart, aber: "Wer dieses Programm ablehnt, der kann genauso gut die weiße Fahne hissen und Boeing das Feld überlassen", sagte Enders.

Die Tochter des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS will ihre Unternehmensabläufe zur Überwindung der Krise optimieren und dazu die komplizierte Mehr-Länder-Struktur abschaffen. Statt der bisher acht nationalen wird es jetzt "vier transnationale Kompetenzzentren" geben.

Welche Werke verkauft werden
Die deutschen Airbus-Werke in Varel, Laupheim sowie im französischen St.-Nazaire stehen zur Disposition. Für diese drei Standorte will das Management verschiedene Möglichkeiten ausloten.

Dazu zählt neben einem Verkauf an Hauptzulieferer auch eine Abgabe an das Management oder die Zusammenlegung mit anderen Werken. Für den Standort Nordenham (Niedersachsen) sowie für Filton in Großbritannien und das französische Meaulte erwägt Airbus "industrielle Partnerschaften". Für diese Standorte gebe es bereits "unaufgefordert Angebote möglicher Investoren".

Gewerkschaften drohen
Der Europäische Metallgewerkschaftsbund hatte massive Proteste gegen das Sanierungsprogramm angekündigt: Europaweit werde man dagegen Aktionen vornehmen. Dabei sei es nicht so, dass man unbedingt streiken wolle. Aber wenn es nötig werde, sei man dazu bereit, so ein Gewerkschaftssprecher.

Besonders erbost sind die französischen Gewerkschaften: "Wenn man 'Power8' zulässt, ist das der Ruin von Airbus", sagte Gewerkschaftssprecher Xavier Petrachi von der CGT. "Das ist schwerwiegend und ungerecht, Frankreich weiß seine Industrie nicht zu schützen", fügte Julien Tavalan von der Force Ouvriere (FO) an. Es werde als Protest dagegen spontane und auch organisierte Arbeitsniederlegungen geben.

Erste Streiks in Deutschland
Die deutschen Arbeiter der Airbus-Werke in Varel, Nordenham und Laupheim legten bereits sofort nach den Verlaubarungen ihre Arbeit nieder. Bis Freitagmorgen werde sie nicht wieder aufgenommen, sagte ein Vertreter der IG Metall Küste am Mittwoch. Für Freitag seien in allen deutschen Standorten außerordentliche Betriebsversammlungen einberufen worden. In Toulouse kam es zu spontanen Demonstrationen.

Neue Aufgaben für einzelne Werke
Das neue Airbus-Langstreckenflugzeug A350 soll nach französischen Gewerkschaftsangaben in Toulouse zusammengebaut werden. Dafür werde der Arbeitsanteil des Hamburger Airbus-Werkes für den Zusammenbau des A320 zu Lasten von Toulouse erhöht, teilte der Gewerkschaftssprecher mit.

Bisher ist die Endmontage der Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge zwischen Toulouse und Hamburg etwa gleichmäßig aufgeteilt. In Toulouse wird der A320 gefertigt. In Hamburg werden die kürzeren beziehungsweise längeren Modelle A318, A319 und A321 gebaut.

Deutschland und Frankreich zufrieden
Aus Sicht der deutschen Bundesregierung wurde bei den Maßnahmen den deutschen Interessen entsprochen. Das sei gelungen bei der Beschäftigung in Deutschland, der Sicherung der deutschen Standorte sowie bei der ausgewogenen Verteilung von Lasten und Zukunftschancen zwischen den beteiligten Airbus-Ländern, sagte Vizeregierungssprecher Thomas Steg in Berlin.

Die Regierung in Paris hatte bereits zuvor den Sparplan des Flugzeugbauers verteidigt. Die Einsparungen seien "unverzichtbar", damit Airbus seine Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zum US-Konkurrenten Boeing halte, sagte der für Beschäftigung zuständige Minister Gerard Larcher am Mittwoch im Radiosender Europe 1.

Royal will Moratorium
Frankreichs sozialistische Präsidentschaftskandidatin Segolene Royal will hingegen bei ihrem Deutschland-Besuch in der kommenden Woche bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf ein "Moratorium" bei Airbus drängen. Wenn sie gewählt werde, wolle sie die gesamte Führung des Flugzeugbauers auf den Prüfstand stellen, sagte Royal am Mittwoch.

"Ich verlange ein Moratorium. Ich werde daran arbeiten, dass es eine Konvergenz und eine Übereinkunft mit Angela Merkel gibt." Aus ihrer Sicht müsse der Staat für Airbus "auf Basis eines soliden französisch-deutschen Industrieprojektes Geld in den Topf tun", sagte Royal, die Merkel am Dienstag in Berlin treffen soll.

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